Serge Gaillard erklärt, wieso er es nicht dramatisch findet, wenn der Bund nach den Vorschlägen seiner Expertengruppe 4,9 Milliarden spart.
Eine Expertengruppe um den ehemaligen Finanzbeamten Serge Gaillard will beim Bund jährlich 4,9 Milliarden einsparen. Das Thema beherrscht die Session in Bern. Was irritiert: Der Plan spurt grosse Verteilungsentscheide vor, versucht dies jedoch unter dem Deckel zu halten. Wieso das, Herr Gaillard?Die Finanzpolitik hat auch die Aufgabe, die Steuern der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen wirksam einzusetzen.
Die Klimaziele sind breit akzeptiert. Viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger – wie ich – haben die Subventionen in Kauf genommen, weil sie den Zielen zustimmen wollten. Diese Subventionen sind aber häufig zudem mässig wirksam.Serge Gaillard, 69-jährig, war zwischen 2012 und 2021 Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung. Heute hat er einen Lehrauftrag für Finanzpolitik an der Universität Bern inne.
Nein. Wir tasten die Leistungen für die Rentnerinnen und Rentner nicht an. Wir schlagen bloss vor, die Finanzierung der AHV vom Bundeshaushalt zu entkoppeln. Der Bund soll künftig einen fixen Prozentsatz seiner Mehrwertsteuer an die AHV zahlen. Dieser Mehrwertsteueranteil wird etwas weniger zunehmen als der heutige Bundesanteil, das stimmt. Die Finanzierung der AHV wird aber so unabhängiger und stabiler.
Wichtig für den Finanzhaushalt der AHV ist es, dass die 13. AHV-Rente mit Lohnbeiträgen oder Zuschlägen bei der Mehrwertsteuer finanziert wird. Sie kostet 4,3 Milliarden, was einem Lohnprozent oder 1,25 Mehrwertsteuerprozenten entspricht. Sonst wird die AHV in eine finanzielle Schieflage gebracht.
Alle in der Expertengruppe waren der Meinung, dass die öffentliche Hand hier in der Pflicht steht. Wir sagen einzig, dass Kitas Sache der Kantone sind. Es ist nicht sinnvoll, dass sich neben den Gemeinden und Kantonen auch noch der Bund mit Kitas beschäftigt. Das erhöht die Verwaltungskosten stark – Geld, das für Wichtigeres dann nicht zur Verfügung steht. Ob alle Kantone ihre Aufgaben erfüllen, weiss ich nicht.
Doch, weitgehend. Es gibt nur wenige Bereiche im Bericht, wo das Portemonnaie der Bürgerinnen und Bürger betroffen ist. So müssten Studentinnen und Studenten etwas höhere Studiengebühren zahlen. Einkommen werden aber nirgends gekürzt. Was den Service public betrifft: Wenn der Staat die Steuergelder effizienter oder stufengerecht verwendet, dann sollte der Wohlstand steigen, allerdings ist das schwer messbar.
Wir stellen auch mögliche Mehreinnahmen zur Diskussion. Wir schlagen vor, vorzeitige Kapitalbezüge etwa aus der beruflichen Vorsorge steuerlich nicht mehr zu privilegieren. Weiter stellen wir die Aufhebung von Ausnahmen bei der Mehrwert- und anderen Steuern vor. Wir schlagen auch die Prüfung einer Bundessteuer auf Gewinne vor, die mit dem Verkauf von Grundstücken eingenommen werden.
Die Entwicklungszusammenarbeit ist in unserer Prüfung gut herausgekommen, sie ist effizient. In zwei von drei Varianten schlagen wir deshalb bei der Entwicklungszusammenarbeit keine Kürzungen vor. Zur sogenannten Medienförderung: Es ist schwer zu begründen, weshalb mit Geldern der Bürgerinnen und Bürger die Postzustellung von Zeitungen verbilligt wird.
Das für 2027 prognostizierte Defizit von 2,5 Milliarden liesse sich einzig mit einer etwas weniger dogmatischen Schuldenbremse mehr oder weniger auffangen. Die Quote ist selbst nach der Pandemie heute bei international rekordtiefen 16 Prozent brutto – und tendiert nun weiter gegen null.
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