In Luzern werden die Bedürfnisse der Kindertagesstätten diskutiert. Eine Interessengemeinschaft und der Berufsverband machen auf die Anliegen der Angestellten aufmerksam.
Die Versorgung von Kindertagesstätten im Kanton Luzern dürfte sich in Zukunft verbessern. Die Frage ist, wie stark und zu welchem Preis. Jetzt melden eine Interessengemeinschaft und der Berufsverband Bedenken an.Machten am Frauenstreiktag letztes Jahr auf ihre IG «Vorwärts in der Kinderbetreuung » aufmerksam (von links): Rahel Stocker, Angela Trutmann, Cornelia Glenz und Maria Holzhäuser.
Im Verlauf dieses Jahres werden die Luzernerinnen und Luzerner entscheiden, wie sie die Versorgung mit Kindertagesstätten im Kanton verbessern wollen. Zur Debatte stehen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kita-Initiative der SP und der Gegenvorschlag des Regierungsrats. Beide Geschäfte werden noch im Kantonsrat beraten.In ihrem Schatten hat sich in den vergangenen Monaten die IG «Vorwärts in der Kinderbetreuung» formiert, die sich aus Kita-Leitenden, Angestellten, Praktikanten und Eltern zusammensetzt. Initiative und Gegenvorschlag seien zwar fundamental wichtige Schritte, wie die IG in einem Positionspapier schreibt. Es brauche aber mehr: klare Qualitätsrichtlinien, ausreichend qualifiziertes Betreuungspersonal, zeitgemässe Arbeitsbedingungen, faire Löhne und bezahlbare Tarife für Eltern.Hinter der IG steht ein Kernteam um Angela Trutmann, ehemalige Kita-Leiterin und langjährige Betreuerin, Cornelia Glenz, ehemalige Kita-Leiterin und Geschäftsleiterin der Cornelia Glenz GmbH, welche Eltern berät und Kitas begleitet, sowie Rahel Stocker und Maria Holzhäuser, Leiterinnen von Kitas in Luzern. Was Anfang 2023 mit ein paar Treffen seinen Anfang nahm, entwickelte sich über einen Chat und eine Flyer-Aktion zu einer Bewegung, die laut Angela Trutmann mittlerweile über 100 Sympathisantinnen und Sympathisanten umfasse. «Uns alle eint, dass wir über die Entwicklung der letzten Jahre in der Kita-Landschaft besorgt sind. Und dass wir uns für Verbesserungen einsetzen wollen.» Das sich anbahnende Gesetz im Kanton Luzern habe das Engagement der IG zwar befeuert, man verstehe sich aber als Zentralschweizer Bewegung. «Die Lage ist überall gleich ernst», sagt Trutmann. Sie nennt Beispiele aus dem Alltag der Kitas. Wie etwa eine überlastete Fachfrau Betreuung mit nur einem Lernenden acht Kinder im Alter zwischen vier Monaten und vier Jahren betreut: ein Kind nässt sich ein, ein Baby braucht Hilfe beim Einschlafen, ein Mädchen braucht Hilfe beim Legobauen, ein anderes findet das Kuscheltier nicht – und dann wartet auch schon die Mutter eines Buben, um ihn abzuholen und der Betreuerin Fragen zu stellen. Sowohl langjährige Betreuerinnen wie auch Lernende und Praktikanten sprechen laut Trutmann von Überlastung und fehlender Anerkennung. Die IG ist weder mit der SP verbandelt, noch will sie den offiziellen Verband Kinderbetreuung Schweiz, Kibesuisse, konkurrenzieren, wie Angela Trutmann betont. «Wir wollen aufrütteln und dabei nicht nur die Sicht von Kita-Leitenden einbringen.» Einige Aktionen seien in Planung. Wie sich die Bewegung zur Abstimmung positionieren wird, sei Gegenstand intensiver Diskussionen.Kibesuisse ist diesbezüglich schon einen Schritt weiter. Der Verband hofft, dass der Kantonsrat den Gegenentwurf noch anpasst, weil dieser nicht ausgereift sei. So weise der Regierungsrat einerseits darauf hin, dass ein Kita-Betreuungstag 154 Franken pro Tag kostet. Andererseits gehe er bei der Höhe der Betreuungsgutscheine von 130 Franken pro Tag aus. «Das ergibt keinen Sinn», kritisiert Sabina Moor, Leiterin Region Zentralschweiz bei Kibesuisse, in einer Mitteilung. «Niemand spricht sich gegen Qualität aus. Wenn es aber darum geht, was es dafür braucht und was sie kostet, sieht es anders aus», bemängelt Moor. Konkret brauche es ausreichende Fachpersonen, faire Löhne, bezahlte Büroarbeit und Sitzungen, qualifizierte Führungspersonen und genug Platz für die Kinder. Damit ähneln sich die Forderungen jenen der IG.hat ergeben, dass in Betreuungsberufen ein grosser Tieflohnanteil besteht: 57 Prozent der Betreuerinnen von Kleinkindern oder von älteren respektive behinderten Menschen erhalten weniger als 5000 Franken brutto monatlich (umgerechnet auf eine 40-Stunden-Woche, 13-mal ausbezahlt). Gemäss Schweizer Lohnbuch 2024 verdienen Kleinkindbetreuerinnen nach der Ausbildung im Durchschnitt 3800 Franken brutto, später und mit Zusatzausbildung 4815 Franken pro Monat. Dass Gemeinden, die höhere Qualitätsanforderungen stellen, die Mehrkosten selbst tragen müssten, sei irritierend, schreibt Kibesuisse weiter. «Damit bestraft der Kanton nicht nur die Gemeinden, die sich für Qualität einsetzen, sondern auch die Betriebe, die Arbeitnehmenden und vor allem die Kinder», betont Sabina Moor. Unzufriedenheit äussern auch die Gewerkschaften. Sie fordern ein Mitbestimmungsrecht bei der Definition der Mindestqualitätsvorgaben und der Standardkosten. «Luzern braucht einen sozialpartnerschaftlichen Weg in der familienergänzenden Kinderbetreuung, so wie dies beispielsweise in Zürich der Fall ist», schreibt zum Beispiel der VPOD.Kanton LuzernWie zwei philosophierende Teenager im Ethik-Grundkurs: Alice Weidel und Elon Musk treffen sich auf X Copyright © Luzerner Zeitung. Alle Rechte vorbehalten. Eine Weiterverarbeitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung zu gewerblichen oder anderen Zwecken ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis von Luzerner Zeitung ist nicht gestattet
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