Didier Cuche, der legendäre Skifahrer und fünfmalige Sieger der Hahnenkamm-Abfahrt in Kitzbühel, spricht im Interview über Marco Odermatts Chancen auf den Sieg in Kitzbühel. Cuche erklärt, warum er glaubt, dass Odermatt in diesem Jahr gewinnen wird und warum er diesen Sieg so wichtig findet.
Wenn die besten Abfahrer der Welt am Samstag um den Sieg auf der berüchtigten Streif kämpfen, schaut der König zu. Didier Cuche ist in Kitzbühel für seinen Sponsor im Einsatz und begleitet dessen Gäste. Vor den Spektakelrennen redet der Neuenburger, der hier fünfmal die Abfahrt und einmal den Super-G gewonnen hat, über die Chancen von Marco Odermatt . Und er sagt, warum er einst trotz achteinhalb Sekunden Rückstand jubelte.
Der Sieg auf der Streif ist das Einzige, was noch fehlt in Odermatts Palmarès. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er auch in Kitzbühel gewonnen hat. Er ist noch jung, erst 27, er wird noch ein paar Anläufe haben. Ich hoffe aber für ihn, dass er dieses Jahr siegt, dann ist das Thema erledigt. Andererseits könnte ihn ein fehlender Triumph weiter antreiben. Jeder erwartet den Sieg, die Medien, die Zuschauer, er selbst, seine Angehörigen, das Team. Das kann kontraproduktiv sein. Aber er hat schon so oft bewiesen, dass er im richtigen Moment abliefern kann. Doch selbst das ist keine Garantie in Kitzbühel. Das stimmt. Aber ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Miller war auch selbst schuld. Ich ging vielleicht am Samstag nach dem Rennen spät ins Bett – er meist schon vor dem Rennen. (lacht) Olympische Spiele, Weltmeisterschaften, Wengen: Wo reiht sich die Hahnenkammabfahrt ein? In die Top 2. Manchmal werde ich gefragt, ob ich einen meiner Siege von Kitzbühel eintauschen würde gegen Olympiagold. Tja, wenn ich wählen könnte, vielleicht schon. Auf der anderen Seite erfüllt einen das Gefühl, diese Abfahrt gewonnen und die Streif beherrscht zu haben, mit purem Glück. Sie sind mit fünf Triumphen in der Abfahrt Rekordsieger: Sind Sie nicht lieber der König von Kitzbühel als Olympiasieger? Ich bin einer, der die Sachen akzeptiert, wie sie sind. Aber ich weiss, welche Bedeutung ein Olympiasieg haben kann. Ob das jetzt richtig gewichtet wird oder nicht, sei dahingestellt. Am besten wäre es wohl, in Kitzbühel Olympiasieger zu werden, dann ist man der wahre König. (lacht) Odermatt ist seit Jahren der beste Skifahrer, holte im Vorjahr auch die Abfahrtskugel und führt erneut in der Disziplinenwertung. Warum hat es in Kitzbühel noch nie geklappt? Als er in der zweiten Abfahrt als Schnellster ins Ziel kam, dachte man: Besser geht es nicht. Aber Sarrazin war in einem Hoch, er gewann in Bormio und dann gleich beide Abfahrten in Kitzbühel, es gibt solche Phasen in einer Karriere. Leider ist er derzeit verletzt. Und Odermatt hat alles, was es braucht. Mut und Cleverness. Nicht überall ist der kürzeste Weg auch der schnellste, es gibt Stellen, bei denen man taktieren und in Kurven ein hohes Tempo generieren muss, das einen dann über eine lange Strecke trägt. Vom Start weg, noch vor der Mausefalle, gilt es, clever zu fahren. Die Kurve vor dem Steilhang ist letztlich ausschlaggebend dafür, mit wie viel Tempo man in das Gleitstück fährt. Ich hatte dort nie Bestzeit, nahm aber extrem viel Tempo mit, von diesem lebte ich bis zur Einfahrt in die Traverse kurz vor Schluss. Odermatt fährt oft clever und enge Kurven wie sonst wohl niemand. Es gibt vielleicht noch ein paar Athleten, die so freche und gute Kurven fahren können wie er, aber keiner hat solch eine Kompromisslosigkeit. Er erlebt auch heikle Momente, etwa in Adelboden, als er auf dem Innenski ausrutschte – oder auch in Bormio. Er bewegt sich eigentlich seit vier, fünf Jahren am Limit – und das ist ein Widerspruch. Denn es geht praktisch nie etwas schief bei ihm. Hätte er vor zwei Jahren den Verschneider direkt vor dem Steilhang nicht gehabt, hätte er gewonnen, er kam mit einem Wahnsinnstempo daher. Doch dann war er kurz über dem Limit, der Innenski griff, er hatte viel Glück. Vielleicht braucht er solche Erfahrungen, um zu spüren, wo auf dieser Strecke die Grenze liegt. Wir sind körperlich anders konstituiert, er ist grösser und schmaler, der Fahrstil ist nicht vergleichbar. Bei ihm ist es, wie es bei Hermann Maier war: Man fragt sich immer wieder, was er anders und besser macht. Er hat die Fähigkeit, voll am Limit zu fahren, dank seines Könnens die Situation aber dennoch zu kontrollieren. Es sind die Fähigkeiten eines Dominators. Auf dem Weg zu seinem letzten Sieg auf der Streif: Didier Cuche 2012 im Schneetreiben von Kitzbühel. Zwei Tage zuvor hatte er seinen Rücktritt angekündigt. Haben Sie in Ihrem Leben irgendwo Emotionen erlebt wie in Kitzbühel? Es war im Training 1996, vier der ersten fünf Fahrer waren gestürzt, drei mussten mit dem Helikopter abtransportiert werden
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