Nach einem Vorfall, in dem sich ein Wolf einem vierjährigen Jungen in Elm GL genähert hat, dürfen Glarner Wildhüter die Tiere abschiessen. Der zuständige Abteilungsleiter des Umweltdepartements betont, dass Wölfe in Siedlungsgebiet nicht grundsätzlich gefährlich seien.
Der Regierungsrat hat den Wolf sowie einen zweiten, der ebenfalls in der Nähe war, zum Abschuss freigegeben. Wölfe in Siedlungsgebiet seien nicht grundsätzlich gefährlich, sagt der zuständige Abteilungsleiter des Umweltdepartements. Auf dem Video sieht man eine halb verschneite Wiese, Nebel und etwas weiter oben zwei dunkle Punkte. Stimmen sind zu hören. «Es sind zwei Wölfe.» Nicht aufgeregt, nur neugierig.
Dann plötzlich in schriller Panik: «Sebastian ist da oben! Er ist da oben! Taminomal…» Am Freitag stehen Sebastians Mutter, ihre Freundin und sowie die Schwiegermutter auf dem Bauernhof in Elm GL vor den Medien und erzählen, was passiert ist. Die drei Frauen sind auf dem Video zu hören. Am Donnerstag plauderten sie vor dem Stall, der Vierjährige spielte wenige Meter davon entfernt im Schnee. Der Hof steht etwas ausserhalb des Dorfs am Hang. Plötzlich hätten die Frauen auf der Bergstrasse rund 50 Meter weiter oben zwei Wölfe gesehen. Eines der Tiere habe sich auf das Kind zubewegt. Als die Mutter dies realisiert habe, seien sie alle drei laut schreiend auf das Kind und den Wolf zugerannt. Das habe den Wolf aber nicht etwa verscheucht, er sei seelenruhig näher gekommen, erzählen sie, bis auf wenige Meter an das Kind heran. Sie zeigen, wo der Vierjährige war und wo der Wolf. Ein Steinwurf. Erst als die Mutter das Kind in den Armen hielt, sei der Wolf davongetrottet.Daraufhin verfügte das Umweltdepartement des Kantons Glarus den Abschuss der beiden Wölfe. «Diese Wölfe sind einen Schritt zu weit gegangen», sagt Christoph Jäggi, Biologe und Abteilungsleiter Jagd und Fischerei. «Einer der Wölfe hat sich dem Kind genähert, aus welcher Motivation auch immer, obwohl drei Frauen schreiend auf ihn zugerannt sind. Er hat ein aktives Interesse am Menschen gezeigt.» Man hört die Schreie zu Beginn des Videos, dann verwackelt es und stoppt. Sebastians Mutter und Grossmutter auf der Wiese, auf der Sebastian spielte, als sich ihm ein Wolf näherte.«Es ist für uns unbestritten, dass sich der Fall so zugetragen hat, wie die Betroffenen ihn schildern», sagt Jäggi. Während andere Wolfsbegegnungen vom Hörensagen bekannt sind, gibt es hier Aufnahmen. Zudem kam der Nachbar hinzu und rief den Wildhüter. Auffällig an diesem Fall sei auch dass der Wolf sehr gemächlich davongehe, wie man auf einem zweiten Video sehe, und nicht etwa wegrenne. «Das zeigt, dass er keine Angst oder Scheu vor dem Menschen hat.»Nun müssen sich Glarner Wildhüter auf lange Einsätze gefasst machen. Jäggi hofft, dass sie die Wölfe bald finden. Dass die Tiere mehrmals in und um Elm gesichtet worden seien, deute darauf hin, dass die Tiere einen kleinen Radius hätten. Es könne aber auch sein, dass sie eine grössere Runde zurücklegten, bevor sie wiederkämen. Am Tag vor dem Vorfall mit dem Kleinkind wurden sie auf der Skipiste oberhalb von Elm gesehen. Im Kanton Glarus hatte es bis vor kurzem zwei Rudel, das Kärpf-Rudel und das Schilt-Rudel. Ein Rudel besteht aus fünf bis zehn Tieren. Mutter, Vater, Jungtiere sowie vereinzelt Junge früherer Würfe. Das Schilt-Rudel sei vorübergehend in den Kanton St. Gallen gezogen, sagt Jäggi, jedoch immer wieder auch im Kanton Glarus gesichtet worden. Das Kärpf-Rudel habe sich 2024 relativ unauffällig verhalten, nicht reproduziert, wie es in der Fachsprache heisst. «Wenn ein Rudel nicht auffällt, sollte man es in Ruhe lassen. Interventionen können zu Problemen führen.» Schwieriger sei es, wenn Wölfe einzeln oder zu zweit unterwegs seien. Seit Mitte Dezember wurden solche im Sernftal, wo Elm liegt, vermehrt gesichtet. Diese Tiere hätten sich vom Rudel entfernt und seien auf der Suche nach neuen Lebensräumen, sagt Christoph Jäggi. «Diese Wölfe sind zu weit gegangen»: Christoph Jäggi, Biologe und Abteilungsleiter Jagd und Fischerei im Glarner Umweltdepartement.Jäggi verteidigt den Wolf. «Man darf aus diesem Vorfall nicht ableiten, dass alle Wölfe so sind. Jeder Wolf hat seinen eigenen Charakter und verhält sich individuell.» Wenn es der Wildhut gelinge, einen oder beide Wölfe zu schiessen, hoffe er, sei das Problem gelöst. Es würden wieder neue Wölfe kommen, und dann müsse man die Situation neu beurteilen, sollte es wieder Fälle von unerwünschtem Verhalten geben. Wölfe in der Nähe der Zivilisation seien nicht per se gefährlich, sagt Jäggi. «Wo sollen sie denn sonst hin, wenn nicht ins Tal? Sie suchen Gämsen, Rehe und Hirsche, und die sind im Winter auf dem schneearmen Talboden. Die Wölfe folgen ihnen und kommen dadurch automatisch in Siedlungsnähe.»Barbara Fierz, Geschäftsführerin von Pro Natura Glarus, will noch kein abschliessendes Statement abgeben. «Das können wir erst, wenn wir alle Unterlagen bekommen haben, mit denen die Verfügung begründet wird.» Wenn sich ein Wolf problematisch verhalte und sich wiederholt dem Menschen annähere, akzeptiere Pro Natura den Abschuss, sagt Fierz. Wölfe, die keine Scheu zeigten, könnten tatsächlich problematisch sei
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