Fast 90 Frauen werden in Indien jeden Tag vergewaltigt, oft von Gruppen, oft besonders brutal. Und das sei nur die Spitze des Eisbergs, sagen Expertinnen. Viele Fälle würden in Indien gar nicht erst angezeigt: Aus Scham, aus Angst vor den Tätern oder mangelndem Vertrauern in die polizeilichen Ermittlungen.
Ein gellender Schrei durchdringt die Nacht. Ein Schrei, der auch Abhayas Schrei sein könnte. Aber es ist nur der Versuch der Aktivistin Jhil und ihrer kleinen Theatertruppe, ein kollektives Trauma aufzuarbeiten – die brutale Vergewaltigung der jungen Ärztin «Abhaya» in Kolkata im Bundesstaat West-Bengalen diesen Sommer.
Schwere Vorwürfe gegen die BehördenKolkata – die Stadt Mutter Teresas – ist noch Monate nach dem brutalen Vergewaltigungsmord im Ausnahmezustand. Auch die pensionierte Lehrerin Shukla demonstriert immer wieder – für das Opfer und für Frauen im Allgemeinen. «Selbst gut ausgebildete Frauen in guten Positionen werden in Indien nur als Objekte angesehen, die beliebig benutzt werden können. Das patriarchalische System ist schuld», sagt sie.
Die 28-jährige Samarthita in Kolkata, eine selbstbewusste, berufstätige Frau, traut sich kaum mehr auf die Strasse. «Wir Frauen sind hoffnungslos, aufgebracht und verzweifelt. Wir sind nie sicher. Es kann uns jederzeit auch passieren. Diese Vergewaltigungskultur in unserer Gesellschaft muss gestoppt werden.»
Auch einer der Verteidiger der Täter sah die Schuld beim Opfer. Sollte seine Tochter oder Schwester voreheliche Beziehungen pflegen und dadurch ihr Gesicht verlieren, würde er sie zu seinem Landhaus bringen und vor der gesamten Familie mit Benzin übergiessen und anzünden, sagte der Anwalt der BBC.Die Schuld wird oft der Frau, dem Opfer gegebenDas weiss die Sozialwissenschaftlerin Barthi Sharma aus langjähriger Erfahrung.
In diesem Patriarchat liege alle Macht beim Mann. Das habe Folgen für alle Bereiche des Lebens: alle Normen, alle Behörden. Auch für das Polizeisystem. Männliche Polizisten machten auch deshalb viele Fehler, weil sie in diese Kultur hineingeboren seien. Wenn Vergewaltigungsopfer kämen, werde ihnen oft gesagt: «Geh nach Hause. Dein Platz ist bei deinem Ehemann.»
«Wenn man die Vergewaltigungskultur bekämpfen will, dann muss man auch die Mikro-Aggressionen bekämpfen, den Frauenhass, den Sexismus im Alltag – alles, was hier nicht als Gewalt angesehen wird, als nichts, was die Würde eines Menschen verletzt», betont er. Als der Trainer nach den Geschlechtsorganen von Mann und Frau fragt, folgt betretenes Schweigen in der Klasse. Darüber spricht man nicht in Indien. Die Trainer helfen nach. Die Buben schauen verlegen auf ihr Pult.
Die Frau Anfang 40 hat Hunderte von Vergewaltigungsopfern bei ihrem Kampf durch die Instanzen unterstützt und im Leben danach weiter begleitet, auch finanziell. Auf einem Tisch stehen gerahmt ihre Auszeichnungen: Mutter-Teresa-Gedächtnispreis, Sozialarbeiterin des Jahres, noch einige andere.
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