Das Vorarlberger Landestheater bringt mit „Fremde Seelen“ das Schicksal eines vietnamesischen Priesters auf die Bühne, der vor mehr als 20 Jahren in der Schweiz Suizid begangen haben soll. Die Inszenierung von Eva-Maria Bertschy beschäftigt sich mit dem Thema Migration, Kirchenkritik und dem Gefühl der Heimatlosigkeit.
Das Vorarlberger Landestheater bringt das Schicksal eines geflüchteten Pfarrers auf die Bühne. In « Fremde Seelen » erzählt Autorin und Regisseurin Eva-Maria Bertschy die Geschichte eines vietnamesischen Geistlichen, der in einem Dorf im Kanton Freiburg Suizid beging. Das Zweipersonenstück feierte am Mittwoch Premiere in Bregenz. Die Winterthurer Schauspielerin Carol Schuler , bekannt als «Tatort»-Kommissarin, brilliert darin gleich in mehreren Rollen.
Die letzten Worte der Protagonistin an diesem Theaterabend bringen die Geschichte auf den Punkt: «Etwas fehlt. Ist das die Heimat?» Die Inszenierung «Fremde Seelen» erzählt die Geschichte des vietnamesischen Priesters Franz Hoang, der eine Pfarrei im Freiburger Sensebezirk übernommen hatte. Er wurde vor mehr als 20 Jahren in seinem Haus tot aufgefunden; vermutlich hatte er Suizid begangen. Ganz sicher ist das nicht. Vielleicht hatte er versehentlich giftige Pilze verzehrt. Die Frage ist wichtig, weil die katholische Kirche Selbstmord für eine Todsünde hält. Die Autorin und Regisseurin Eva-Maria Bertschy verarbeitete das Schicksal des Geistlichen in ihrem Musikschauspiel «Fremde Seelen». Das Zweipersonenstück war letzte Saison bereits im Zürcher Theater Neumarkt zu sehen; am Mittwochabend hatte es in Bregenz Premiere. Die Winterthurer Schauspielerin Carol Schuler führt in zahlreichen Rollen durch diese Schau. An ihrer Seite spielt der kongolesische Musiker Kojack Kossakamvwe ebenfalls in unterschiedlichen Auftritten.Protagonistin Schuler erzählt die Geschichte nicht fadengerade. Sie berichtet vielmehr häppchenweise vom Schicksal des geflüchteten Pfarrers. Dazu gehört etwa das Drama der vietnamesischen Boatpeople, der Flüchtlinge, die in den Siebzigern vor den kommunistischen Machthabern flohen: «Wir hatten auf den Booten nichts zu essen. Das machte nichts, wir kotzten ohnehin.» Andere Episoden spielen die beiden auf der Bühne nach. So parodieren sie die Ankunft des papierlosen Pfarrers Hoang am Flughafen Genf. Schuler spielt den Flüchtling, Kossakamvwe den überforderten Beamten, der unentweg stempelt. Die Szene endet damit, dass der Ankömmling in einem Warteraum vergessen geht. «Fremde Seelen» erzählt aber auch von der Schweizer Provinz. Zumindest in der Vergangenheit haben die Menschen die Voralpen verlassen, sind in die Städte gezogen. Klerikaler Nachwuchs fehlte, da sind die Priester aus der Dritten Welt gerade recht gekommen, um die verwaisten Pfarrstellen zu übernehmen. Das führte mitunter zu einem kulturellen Gegensatz: Denn die katholische Kirche ist ihren Traditionen anderswo mehr verpflichtet als hierzulande. Ob Pfarrer Hoang darunter litt, bleibt offen. Seine genauen Beweggründe, den Tod zu suchen, erschliessen sich in diesem Stück nicht.Carol Schuler führt souverän durch diese «Fremde Seelen». Sie parliert deutsch und französisch. Sie singt und tanzt, bläst sogar das Alphorn. Im Lauf des Abends fragt man sich, was diese Frau eigentlich nicht kann. Sie beherrscht die gesamte schauspielerische Klaviatur vom Melodramatischen bis zum Slapstick. Die Laufbahn dieser Schauspielerin ist für Schweizer Verhältnisse aussergewöhnlich. Sie ist regelmässig in Film und Fernsehen zu sehen, spielt auch eine Zürcher «Tatort»-Kommissarin. Bühnenautorin Eva-Maria Bertschy lässt in antiker Theatertradition einen Chor auftreten. Er kommentiert die Geschehnisse mit seinen Liedern, wie mit einer eigenwilligen Interpretation von «Là-haut sur la montagne». Die Hymne vermittelt seit Generationen den Romands das Heimatgefühl, das der vietnamesische Pfarrer nicht finden konnte. Die Leistung Schulers ist auch deshalb grossartig, weil «Fremde Seelen» ein anspruchsvolles Stück ist. Die Autorin ist der Versuchung erlegen, zu viele Themen einzubauen: Migration, Kirchenkritik oder Volkstümelei, um nur einige zu nennen. So droht die Handlung immer wieder in neue Stränge auszuufern. Dessen ungeachtet zeigt diese Inszenierung unser Land unverblümt in seinen schillernden Farben
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