Vor der Weltmeisterschaft im Biathlon in Lenzerheide haben wir uns einem Schnupperkurs gewidmet und mehr über die Sportart erfahren.
Rund 5000 Personen absolvieren jährlich in der Biathlon -Arena in der Lenzerheide einen Biathlon -Schnupperkurs. Vor der WM probieren auch wir die Sport art aus. Wir hören von Nähmaschinen, WC-Rollen, täglichen Malerarbeiten – und ziehen eine Slapsticknummer ab. Muss ein Journalist die Sport arten beherrschen, über die er schreibt? Oder sie zumindest einmal selber betrieben haben? Im Skispringen erübrigt sich die Frage.
Doch im Biathlon kann der Versuch nicht schaden, einen Blick hinter die Kulisse zu werfen. Besser gesagt: einen Blick durchs Korn nach vorne, ins 50 Meter entfernte Ziel. Wann, wenn nicht jetzt? Denn am Mittwoch beginnt die Biathlon-WM in der Lenzerheide, die Heim-WM-Premiere. Wobei die Begeisterung in der Schweiz jener im Ausland noch hinterherhinke, sagt Franco Züger, unser Kursleiter. In Biathlonkreisen freue man sich nur schon darüber, dass viele Menschen hierzulande endlich wissen, dass Biathlon nichts mit Schwimmen oder Velofahren zu tun habe. Züger ist Leiter Sport in der WM-Biathlon-Arena. Zudem begleitet er als Leiter der «Biathlon Academy» viele der jährlich rund 5000 Leute, die einen Schnupperkurs besuchen oder eine Biathlon-Lizenz erwerben. Für uns muss der Anfängerkurs reichen. Auch wenn wir schon etwas fortgeschritten sind und wissen: Biathlon besteht aus Schiessen und Langlaufen.Züger führt an der grossen Tribüne vorbei, dem Eisengerippe, das sich in ein paar Tagen füllen wird. Tausende Fans werden hier mitfiebern, wenn ihre Heldinnen und Helden zum Schiessstand gleiten und mit Puls 180 die Waffe aufs Ziel richten. Züger spricht von anstehenden Ämtli vor der WM. Und davon, dass er selbst kein Biathlon betrieben habe, sich mit dem Schiessen aber auskenne: Er ist Jäger. Die Morgensonne blitzt durch die Tannen. Die Gewehre liegen bereit, in Reih und Glied. Frisch geputzt sieht hier alles aus in der Roland-Arena. Und frisch gestrichen, wie sich später zeigt. In der Ferne sind auf 30 Bahnen je fünf schwarze Punkte zu sehen, die winzigen Zielscheiben. Auch für die Kinder ist ein Schiessplatz eingerichtet, mit Luftgewehren. Daneben aber, für die Grossen, die stolze «Anschütz», Kleinkaliber 5,6 mm.Würde ein Biathlon-Gewehr für die Jagd taugen? Das ist die erste Frage an den Jäger. «Eher nicht», sagt Züger. Gefährlich ist die Waffe dennoch, «ein Reh erlegen könnte man». Und natürlich ist Vorsicht geboten («den Lauf immer in Richtung Zielscheibe!») Mit 360 Metern pro Sekunde verlässt die Patrone den Lauf. «Do schtohsch nümme uf», sagt der Bündner.Zuerst geht es ans Liegendschiessen. Die Position ist gefunden, die Ski sind links und rechts abgespreizt. Dann: Magazin vorne aus der Nut ziehen, einsetzen, Verschluss schliessen, zielen, abdrücken. Für den Laien, dem seinerzeit nicht einmal in der RS ein Gewehr umgehängt wurde, ist vor allem eines eindrücklich: wie schnell Abziehen und Einschlag aufeinanderfolgen. «Pa-ding!» Der Einschlagsort ist beim Blick durchs Fernrohr gut zu erkennen, mit blossem Auge immerhin zu erahnen – dank Züger, der den 30 Zielscheiben jeden Abend einen neuen Anstrich gibt. Mit weisser und schwarzer Farbe. Denn die neuen Einschläge sind nur eruierbar, wenn jene vom Vortag nicht mehr zu sehen sind. Schnell beginnt es, Spass zu machen. Wäre nicht Jagen ein schönes Hobby? Diese Überlegung führt direkt in die Geschichte des Biathlon: Mit etwas gutem Willen lässt sich die Jagd als Ursprung der Sportart verstehen. Auf 5000 Jahre alten norwegischen Höhlenmalereien sind Jäger mit Ski zu finden, weiss Wikipedia. Erste Wettkämpfe führten schwedische und norwegische Grenzsoldaten im 18. Jahrhundert durch. Die Sportart blieb auch später eng mit dem Militär verbunden. In Deutschland befreite sie sich in den 1970er-Jahren am schnellsten vom militärischen Mief. Aus einem Schiessgewehr wurde ein Sportgerät.Noch immer liegen wir und zielen. Die fünf Zielscheiben haben einen Durchmesser von 4,5 Zentimetern, später beim Stehendschiessen sind es 11,5. Züger veranschaulicht das Ganze mit der Seitenansicht einer WC-Rolle. Beim Liegendschiessen entspricht das Ziel dem Kartonrohr, beim Stehendschiessen der Rolle samt Papier.Der Start gelingt: Fünf Schüsse, fünf Treffer! Wobei: Ein Holzblock stützt das Gewehr, man fühlt sich etwas bevormundet, wie das Kind auf dem Velo mit Stützrädli. Doch ohne Stütze wird’s viel schwieriger. Biathleten helfen sich beim Liegendschiessen mit einem Schiessriemen, der stabilisiert. Der Kursteilnehmer hat andere Vorteile: Da ist kein Druck des Publikums. Und vor allem: Da ist kein hoher Puls. Das will Züger jetzt ändern: Wir drehen eine schnelle Langlaufrunde, samt Gewehr.Die Idee, dass Profis versuchen, ihren Puls vor Ankunft beim Schiessstand möglichst tief werden zu lassen, ist alt und falsch. Geschossen wird meist mit hohem Puls. Denn sobald er zu stark fällt, setzt der «Nähmaschinen-Effekt» ein, erklärt Züger. Der Körper beginnt zu vibrieren. Auch deshalb versuchen Profis, lange Schiesszeiten zu vermeiden
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