Die Gemeinde Sissach wollte ihr 800-jähriges Jubiläum mit einem besonderen Dorffest feiern. Doch das von ambitionierten Plänen geprägte Konzept scheiterte und statt einer gelungenen Feier entstand ein Gefühl der Enttäuschung und des Chaos.
Die Zentrumsgemeinde Sissach , Metropole des Oberbaselbiets, wollte das Dorf jubiläum besonders ausgefallen feiern – und ja nicht mit einer banalen Feier wie die Nachbarn. Stattdessen funktioniert nichts. Der Fehler beginnt schon beim verkopften Konzept . Die Chluriverbrennung in Sissach 2024: Sie markiert das Ende der Sissach er Fasnacht . Ausgerechnet hier ziehen die Jubiläum sjahr-Organisatoren eine Grenze – und verpassen die Chance auf eine bittere Pointe.
Es gibt da dieses Bonmot, das in Fernsehkreisen und auf dem multimedialen Boulevard bis zum heutigen Tag gilt: «Es ist wie ein Verkehrsunfall – grausam, aber man kann den Blick einfach nicht abwenden.» In Sachen Sissacher Dorffest, oder besser 800-Jahre-Jubiläum, ist das Hinschauen derzeit umso grausamer, wenn man seine Wurzeln im Dorf hat. Und einfach wegschauen geht auch nicht, weil die ganze Angelegenheit von Amtes wegen, nun ja, öffentlich ist. Darum gehts: Dieses Jahr feiern die Gemeinde Sissach 800 Jahre urkundliche Erwähnung und die reformierte Dorfkirche Sissach 500 Jahre Existenz. Ein einziges Dorffest wollte man nicht, hiess es schon 2023 – vielmehr wollte die Metropole des Oberbaselbiets etwas Spezielles, etwas, das andere, wie zum Beispiel die banale Nachbargemeinde Zunzgen, eben nicht schon gemacht haben. Verschiedene Festivitäten Von den hochtrabenden Plänen ist nur noch ein Rumpfprogramm geblieben. Insbesondere seit eines der Jubiläums-Kronjuwelen Ende Jahr ablag. In einem medial eng begleiteten Streit wegen «zu viel Formulismus» wurde der Themenweg der beiden Historiker Ruedi Epple und Matthias Manz abgeblasen. Er sollte zum ständigen Vermächtnis werden, damit von den flüchtigen Aktivitäten auch in den Jahren 2026 und folgende noch etwas bliebe. Kostenpunkt: rund 260’000 Franken. Die Hälfte davon wollte die Gemeinde tragen. Einen Tag vor Silvester So überwiegt im Jahresprogramm nun ein arbiträrer Reigen an Lokalanlässen wie Musikvorträgen, Lesungen, ein Primarschulprojekt zum Radiomachen und sogar der lokale Turnerabend, denen nun halt als eine Art visuelle Klammer das Jubiläumslogo aufgeklebt wird: ein krähender roter Hahn auf der Kirchturmspitze und eine weisse Wappenhand, die dem Hahn zuwinkt. Das wirkt wie ein Abschiedsgruss, bevor das grosse Jubiläum überhaupt begonnen hat. Man kann noch weitergehen und den roten Hahn als das nehmen, wofür er ursprünglich steht: als Symbol für Brandstiftung. Die barocke Redewendung «jemandem den roten Hahn aufs Dach setzen» besagt schliesslich, dass jemand ein Haus, ein Gebäude oder in diesem Fall auch ein Dorffest abfackelt. Absichtlich oder zumindest fahrlässig. Da wäre es ja nur logisch, dass die Sissacher Fasnacht 2025 mit ihrer Chluriverbrennung auch zu den Jubiläumsanlässen zählen sollte, aber da ziehen die Organisatoren dann doch wieder eine Grenze. Logisch ist nichts, im Gegenteil: alles wirkt in Windeseile zusammengekleistert. Büchel-Bläser am Dorffest Zunzgen (oben): Trotz Regen hatte die Nachbargemeinde, mit der Sissach in historischer Hassliebe lebt, 2023 eine heitere Jubiläumsfeier. Bilder: Juri Junkov Dabei geht es nicht um Provinzialitätskritik oder das Belächeln eines idiosynkratischen Charmes. Gerade letzterer kann ausgesprochen lieblich sein. Er zeichnet auch das Lokale oft aus, denn Idiosynkrasie ist ja nichts anderes als die Gesamtheit persönlicher Eigenheiten, Vorlieben und Abneigungen. Es ist also das, was Individualität bezeichnet und gleichermassen die Identität einer Gemeinschaft wesentlich mitprägt. Das Problem ist, dass es sich bei diesem Reigen eben mehr um einen Unfall, um eine posthume Lackierung handelt als um einen Willensakt. Wäre die Absicht gewesen, die Eigenheiten und Eigenwilligkeiten eines Dorfes – von denen es mehr als genug gäbe – zu kuratieren, zu feiern und darin die Seele einer spezifischen, lokalen Gemeinschaft zu fassen, so bleibt nun ein generisches Sammelsurium, das eher vom kolossalen Nichtfunktionieren eines konzeptionellen Gedankenkonstrukts zeugt als von einer echten, und vor allem: empathischen Intention. Einfach dörflichen Normalbetrieb mit Grafik zu dekorieren, ist sinnlos. Ob es schiere Selbstüberschätzung, Missachtung lokaler Verhältnisse oder behördliches Versagen ist, wie es die Jubiläumsweg-Nichtmacher postulieren, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass sich Sissach mit einem überambitionierten Konzept übernommen hat – egal, was nun im Jahr 2025 noch alles kurzfristig zusammengestiefelt werden mag, damit das Dorfjubiläum nicht ganz so bedeutungslos in die Annalen eingeht. Anders gesagt: Man hätte auch mal ganz langweilig ein normales Fest feiern können, wie es gefallen wäre. Das tut nicht nur der Volksseele gut, sondern vielleicht auch der Selbstfindung einer Gemeinde, deren wegweisende Metropolitanfunktion im Oberbaselbiet etwas zu schwinden schein
Sissach Dorffest Jubiläum Fehlplanung Konzept Historiker Chluriverbrennung Fasnacht
Switzerland Neuesten Nachrichten, Switzerland Schlagzeilen
Similar News:Sie können auch ähnliche Nachrichten wie diese lesen, die wir aus anderen Nachrichtenquellen gesammelt haben.
Nach langen Verhandlungen: Im Cheesmeyer Sissach zieht ein Oltner Kaffeehaus einIm ehemaligen Sissacher Warenhaus kehrt neues Leben ein: Das neue Kaffeehaus Bloomell startet im Sommer und wird an 365 Tagen im Jahr öffnen. Der Verein hinter dem Kulturhaus war mit dem Gastrobetrieb überfordert und vertraut nun auf eine erfahrene Firma als Partner.
Weiterlesen »
Sissach BL: Gefährlicher Corona-Skeptiker wird entwaffnetIn der Corona-Pandemie war der Sissacher Unternehmer Michael Bubendorf ein Gesicht der Massnahmen-Gegner. Nun nehmen die Behörden ihm seine Waffen weg.
Weiterlesen »
Musik, die in die Beine geht, ein Solist als Star und ein Lied, das alle mitsingenVom Wiener Walzer über lateinamerikanische Rhythmen, von der französischen Musette bis zum Chanson. Vielseitig präsentierte sich das Neujahrskonzert der Camerata Salzburg am Sonntag im KKL. Das Highlight: Star-Akkordeonist Richard Galliano.
Weiterlesen »
Landammann Dieter Egli im Interview: Tauchen wir ein wie ein Fisch im WasserIn seinem ersten Jahr als Landammann spricht Dieter Egli im Interview über die Herausforderungen der aktuellen Weltlage, wie er Nichtwähler erreichen will und die Krise in seinem Amt für Wirtschaft.
Weiterlesen »
Ein Paar verwandelt eine Höhle in ein luxuriöses AirbnbBryant und Amy Gingerich bieten im Wald von Ohio drei außergewöhnliche Airbnbs an. Ihr neustes Projekt ist ein luxuriöses Höhlenhaus, das dank Kronleuchtern, einer Badewanne und lichtdurchfluteten Räumen schnell ausgebucht ist.
Weiterlesen »
Juckreiz garantiert: Ein Basler Buch sorgt für ein glückliches LäuselebenKönnen Läuse fliegen? «Läuse – Handbuch zum Überleben auf Menschen» macht nicht nur den Blutsaugern Appetit auf Wissenswertes.
Weiterlesen »