Ein Jahr nach der Einführung eines Fangverbots für Felchen im Bodensee zeigen sich erste positive Effekte. Die Bestände der Fischart scheinen sich zu erholen. Doch die Ursachen für den Rückgang der Felchen in den vergangenen Jahren sind noch unklar. Der Einfluss des Wetters, der Stichling als Nahrungskonkurrent und die rasant wachsende Quaggamuschel sind nur einige der Faktoren, die das Ökosystem des Bodensees beeinflussen.
Das erste Jahr des Fangverbot s im Bodensee war für die Felchen ein gutes Jahr. Doch für Freude ist es noch zu früh – zu viele Variablen im Ökosystem Bodensee sind unbekannt. Möglicherweise war es vor allem das Wetter, das den Fischen half.Wasser ist nur in kleinen Mengen farblos. In grossen Mengen, wie im Bodensee , ist es blau. Die blauen Anteile des Lichts reflektiert das Wasser, der Rest wird verschluckt. Weiter als dreissig Meter in die Tiefe dringt kaum ein Lichtstrahl.
Dann herrscht Finsternis. Verborgen vor unseren Augen spielte sich in den letzten Jahren eine Umweltkatastrophe ab, die in der Region ihresgleichen sucht: 2012 brachen die Bestände der Felchen ein. Vor einem Jahr erliessen die Fischereiämter um den See ein Fangverbot für den einst wichtigsten Speisefisch des Sees.Ein Jahr später schimmert etwas Hoffnung. Michael Kugler, Fachmitarbeiter Fischerei beim St.Galler Amt für Natur, Jagd und Fischerei, sagt: «Die Felchen haben positiv reagiert.» Doch vieles liegt weiterhin im Dunkeln. Was im Wasser passiert, entspricht einer Gleichung mit vielen Unbekannten, die sich im Ökosystem See gegenseitig beeinflussen.Die Zahl der Felchen ist in den vergangenen 15 Jahren drastisch geschrumpft. Das zeigen die Mengen des Fischfangs eindrücklich: 2011 zogen die Fischerinnen und Fischer noch über 600 Tonnen Felchen aus dem See. 2023 waren es keine 10 Tonnen mehr. Die Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Fischerei IBKF, in der die Fischereiämter rund um den See zusammengeschlossen sind, griff ein. Sie erliess ein ab 2024 für drei Jahre gültiges Felchenfangverbot als eine von mehreren Massnahmen, die das Überleben der Felchen sichern sollen. Doch der Einfluss hält sich in Grenzen – viele Variablen lassen sich kaum steuern.Während sich in den Uferzonen diverse Fischarten tummeln, dominierten die Felchen das freie Wasser. Trotz ihrer Grösse sind Felchen auf die kleinsten Seebewohner spezialisiert: Sie ernähren sich von tierischem Plankton, das im freien Wasser treibt. Das tierische Plankton ernährt sich vom pflanzlichen Plankton, vor allem von kleinsten Algen, die das unterste Glied der Nahrungskette bilden. Wie viel pflanzliches Plankton es gibt, ist wiederum vom Nährstoffeintrag abhängig. Ein Umstand, der den Fischern schon länger zu schaffen macht: Früher gelangten viele Nährstoffe, beispielsweise Phosphate aus Waschmitteln und Dünger aus der Landwirtschaft, in den See. Dies führte zu starkem Algenwachstum. Damit gab es viel Futter fürs tierische Plankton und damit wiederum Futter für die Fische. Heute ist der See sauberer – was rein aus der Perspektive der Felchen wohl ein Nachteil ist.Der Stichling, ein kleiner, unscheinbarer Fisch, ist kein Einheimischer. 1951 wurde er erstmals im Bodensee entdeckt und lebte seitdem in Ufernähe. 2012 fand er sich plötzlich in grosser Zahl im Freiwasser, wo er seitdem der dominierende Fisch ist. Warum, ist unklar. In einemheisst es: «Die ökologischen und ökonomischen Folgen sind Gegenstand intensiv geführter Diskurse.» Die komplexen Zusammenhänge im Ökosystem zu verstehen, erfordere weitere Abklärungen. Klar ist: Der Stichling ist ein Feind des Felchens. Fischexperte Kugler sagt: «Der Stichling ist ein Nahrungsopportunist.» Er frisst, was ihm vors Maul schwimmt und hineinpasst. Im Freiwasser sind das auch frisch geschlüpfte Felchen, die früher kaum Feinde hatten und damit auch keine Abwehrstrategie entwickelt haben. «Die Hypothese ist, dass es so viele Stichlinge gibt, dass nur noch wenige Jungfelchen die ersten Wochen überstehen», sagt Kugler.Die Quaggamuschel, die wohl 2016 als blinder Passagier in den Bodensee gekommen ist, spielt ebenfalls eine Rolle in der Gleichung des Ökosystems. Mehr sogar: Sie könnte die Gleichung komplett auf den Kopf stellen. Denn ihre rasante Ausbreitung hat erst begonnen. Wo das hinführen könnte, zeigen Beobachtungen aus den nordamerikanischen Great Lakes, wo sie schon vor über 20 Jahren eingeschleppt wurde. Heute bedeckt eine durchgehende Quaggamuschel-Schicht die dortigen Seeböden. Wieder gibt der Bodensee seine Geheimnisse nur verhalten Preis. «Gesicherte Ergebnisse zu den ökologischen Folgen für den Bodensee liegen noch nicht vor», heisst es. Klar ist: Auch die Quaggamuschel setzt den Felchen zu. Denn die Muscheln ernähren sich von pflanzlichem Plankton, das sie aus dem Wasser filtern. Damit steht dem tierischen Plankton weniger Nahrung zur Verfügung – und damit finden wiederum die Felchen weniger Nahrung.Die Bestände der zahlreichen Tierarten und die daraus folgenden Konsequenzen fürs Ökosystem sind schon kaum zu kalkulieren. Das Wetter macht die Gleichung noch unberechenbarer – und im vergangenen Jahr hat es den Felchen geholfen. Der vergangene Sommer war nass, es hat immer wieder geregnet. «Die Nährstoffe kommen durch die Zuflüsse in den See», sagt Kugle
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