Lindsey Vonns Comeback sorgt für Kontroversen im Skirennsport. Einige Experten sehen in ihrem Erfolg ein Zeichen für ein zurückbleibendes Niveau in den Speeddisziplinen der Frauen. Andere hingegen betonen das hohe Niveau und die Erfahrung der Athletinnen.
Kontroverse im Skirennsport : Ist das Niveau in der Frauen-Abfahrt tatsächlich so schwach, wie einige Experten sagen? Mit ihrem Comeback hat die US-Amerikanerin Lindsey Vonn die Skiwelt vor eine Denkaufgabe gestellt: Was heisst es für das Niveau in den Speeddisziplinen, wenn eine 40-Jährige auf Anhieb mithalten kann? Die Meinungen gehen im Vorfeld der WM-Abfahrt (Samstag, 11.30) auseinander. Die eine Legende macht Erinnerungsfotos von der anderen Legende.
Tina Maze zückt im Medienzentrum von Saalbach ihr Smartphone und hält es auf Lindsey Vonn, die so was wie eine Audienz gibt. Maze hat im Skirennsport eine legendäre Marke aufgestellt. Im Winter 2012/13 sammelte die Slowenin 2414 Weltcup-Punkte. Niemand ist seither in die Nähe dieser Zahl gekommen. «Die Comeback-Story von Lindsey ist gut für den Weltcup. Es ist eine positive Message an Frauen in diesem Alter. Es zeigt, was möglich ist, wenn du den Willen hast», sagt Maze. Das sehen längst nicht alle so. Es gibt kontroverse Diskussionen um Lindsey Vonn. Man könnte sagen, die Skiwelt ist kurzzeitig aus den Fugen geraten. Ehemalige Grössen hielten mit Kritik nicht zurück. Franz Klammer sprach von einem «Vollschuss», den Vonn habe. Bernhard Russi attestierte Vonn «absolut keine Chance» und hielt die Rückkehr für «brandgefährlich». Der deutsche Doppel-Olympiasieger Markus Wasmeier legte vor dem WM-Start nach und redete von einer «Verarschung». Denn Vonn habe kein künstliches Knie, sondern nur eine sogenannte Gleitplatte im Knie. Russi entschuldigte sich schliesslich bei Vonn, nachdem sich diese schon im zweiten und dritten Speedrennen in den Top Ten klassiert hatte. Wahrscheinlich habe er das Niveau in den Speeddisziplinen der Frauen überschätzt, sagte er gegenüber «Blick». Bei den technischen Wettbewerben sei das Level hoch, das sehe man nicht zuletzt an Mikaela Shiffrin. «Ich glaube aber, dass das Niveau irgendwie ein bisschen stehen geblieben ist in den Speeddisziplinen», sagte Russi. Es gäbe viele Nationen, die Speed und vor allem auch Sprünge nicht mehr trainieren würden. In das gleiche Horn blies auch Wasmeier. Am Deutschen ist wohl kein Diplomat verloren gegangen. Er sagte, es sei schlicht «ein Armutszeugnis» für die Konkurrenz, «dass sich eine ältere Athletin, zumal sie schon aufgehört hatte, immer noch unter den Top Ten platzieren kann.» Hat Vonn nun dem Frauen-Rennsport tatsächlich einen Bärendienst erwiesen und das bescheidene Niveau in den Speeddisziplinen zur Schau gestellt? Der Abfahrtstrainer der Schweizer Frauen, Roland Platzer, sagt, Vonn sei nun mal eine Ausnahmeerscheinung. «Wenn eine Athletin nicht das Level von Vonn hatte und nun zurückkehren würde, würde das ganz anders aussehen. Sie hat 82 Weltcupsiege, sie hat so viel Erfahrung, sie hat das Timing und das Gefühl für die Abstände», sagt er. Vonn habe ausserdem vor dem Comeback einen sauberen technischen Aufbau gemacht und sich konditionell während ihrer Abwesenheit fit gehalten. «Ihre Leistungen schmälern das Niveau in den Speeddisziplinen keineswegs», sagt er. Es gibt zumindest ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit, das ein schlechtes Licht auf die Frauen-Abfahrt warf. Das Rennen von Cortina 2024 wurde zur Horrorshow, weil viele Athletinnen stürzten und sich verletzten. Tina Maze sagt, das habe nicht generell mit Unvermögen der Fahrerinnen zu tun, aber: «Man hat damals gesehen, dass viele jüngere Athletinnen nicht wussten, wie sie diese vielen schwierigen Passagen fahren mussten. So was würde Lindsey wahrscheinlich nicht passieren, weil sie die nötige Erfahrung hat.» Das Zauberwort in den Speeddisziplinen heisst Erfahrung. Selbst Allrounderin Tina Maze brauchte viel Angewöhnungszeit in der Abfahrt, bis sie ihren ersten Podestplatz holte. «Ich benötigte zehn Jahre, um Speedrennen richtig zu verstehen», sagt sie. Solche Lehrjahre seien ganz normal. «Das sieht man auch bei Federica Brignone, sie hat auch ihre Zeit benötigt, bis sie im Speed richtig gut wurde.» Natürlich gebe es immer Ausnahmen. Tina Maze nennt zwei Athletinnen: Lara Gut-Behrami und Sofia Goggia. Es scheint also Ausnahmetalente zu geben, die trotz bescheidener Erfahrung erfolgreich sein können. In frischester Erinnerung ist die Geschichte der Walliserin Malorie Blanc, die mit 21 Jahren in ihrer ersten Weltcup-Abfahrt aufs Podest raste. Wie sind solche Exploits zu erklären? Platzer sagt: «Malorie ist eine sehr starke Riesenslalom-Fahrerin. Sie hat eine super Technik, steht sehr gut auf dem Ski. Bei ihr musst du auch nicht Angst haben, dass sie in der nächsten Kurve am Boden liegt.» Das sei eine gute Basis, um sich nun Schritt für Schritt ans Limit heranzutasten, ergänzt er. Denn auch bei den Speedrennen der Frauen gilt: Nur wer sich am Limit bewegt, kann etwas erreichen. Grundsätzlich ist das Teilnehmerinnenfeld der WM-Abfahrt sehr erfahren. Im dritten Training waren 14 von 36 startenden Athletinnen 30 Jahre und älter. Hört man Michelle Gisin zu, ist auch das Niveau ausserordentlich hoch
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