Der Fund eines menschlichen Knochens beim Versuch, das Wrack des Dampfschiffs Säntis aus dem Bodensee zu bergen, hat zu neuen Erkenntnissen über einen Flugzeugabsturz von 1957 geführt. Die Behörden gehen davon aus, dass der Knochen zu einem der neun Todesopfer der Swissair DC-3 gehört, die damals abstürzte. Der Absturz war bisher nur unzureichend untersucht, und der Fund könnte helfen, die Umstände des tragischen Ereignisses zu rekonstruieren.
Vor kurzem sorgte der Fund eines menschlichen Knochens aus dem Bodensee für Schlagzeilen. Was die Bergung mit einem Flugzeugabsturz vor fast 70 Jahren zu tun hat. Die Unglücksmaschine, die am 18. Juni 1957 abstürzte. Die Wrackteile wurden im August des gleichen Jahres aus dem Bodensee geborgen. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand ein gesunkenes Schiff zu heben versucht und dann einen Knochen findet, ist klein.
Aber offensichtlich nicht null: Vor kurzem meldete der Schiffsbergeverein Romanshorn, der seit einiger Zeit aus dem Bodensee das Wrack des Dampfschiffs Säntis zu heben versucht, man habe einen Flugzeugmotor geortet und einen Knochen aus 210 Metern Tiefe geborgen. Zwischen beiden Entdeckungen besteht ein enger Zusammenhang: Am 18. Juni 1957 stürzte in diesem Gebiet eine DC-3 der Swissair ab, die sich auf einem Schulflug befand. Neun Menschen fanden den Tod. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass es sich beim Knochen um Überreste eines damaligen Insassen handelt. Mit dem Zufallsfund der Romanshorner Schiffswrack-Forscher wird einer der am dürftigsten untersuchten Flugzeugabstürze der Schweiz aus der Dämmerung der Geschichte gerissen. Der offizielle Untersuchungsbericht lässt sich im Bundesarchiv nicht mehr finden. Einzig eine kurze Zusammenfassung liegt vor, die zwei Jahre nach dem Absturz erschienen ist und zu den Ursachen des Absturzes eigentlich nichts sagt. Am Morgen des 18. Juni kurz vor neun Uhr startet eine DC-3 der Swissair, Baujahr 1944, zu einem Ausbildungsflug. Das Wetter steht dem Vorhaben nicht im Weg; es herrscht eine schwache Hochdrucklage mit wechselnder Bewölkung. Neben dem Fluglehrer Max Traber befinden sich fünf Flugschüler an Bord sowie drei Ingenieure des technischen Dienstes der Airline. Geübt werden sollen Notverfahren beim Ausfall eines Motors. Während dieser Manöver planen die drei Ingenieure Messungen der Leistung des Flugzeugs unter erschwerten Bedingungen. Kurz nach dem Start meldet sich die Besatzung beim Kontrollturm und gibt an, sie beabsichtige, unter Sichtflugbedingungen im Raum Bodensee – Schaffhausen zu fliegen. Zahlreiche Zeugen geben später an, dass die Maschine in der Höhe von 1000 bis 3000 Metern hin und her gependelt sei, zeitweise im Einmotorenflug. Um ca. 10.20 fliegt sie zwischen Romanshorn und Arbon in östlicher Richtung, als sie aus einem Horizontalflug in einen kurzen Sinkflug übergeht. Unmittelbar anschliessend folgt ein Steigflug, aus welchem das Flugzeug plötzlich über einen Flügel abkippt und in einer Vrillenbewegung fast senkrecht abstürzt. Die Motoren heulen auf, die Drehung wird noch gestoppt, doch für weitere Rettungsmanöver ist es wegen der geringen Flughöhe zu spät. Die DC-3 prallt senkrecht auf dem Wasser auf und versinkt innert weniger Sekunden. Bei einer Vrille handelt es sich um einen gefürchteten instabilen Flugzustand. Ursache ist immer ein Strömungsabriss, der zur Folge hat, dass die Flügel keinen Auftrieb mehr produzieren. Das Flugzeug beginnt, in einer steilen Abwärtsspirale abzustürzen, wobei es sich um die eigene Achse dreht. Es handelt sich fast immer um die Folge eines falschen Manövers: zu steiles Hochziehen der Maschine bei zu geringer Geschwindigkeit, eine zu abrupte Steuerbewegung speziell im Langsamflug oder ein zu starker Höhenruderausschlag in einer Kurve. Sollte die DC-3 im Moment des Absturzes nur mit einem Motor geflogen sein, wäre das Risiko für einen Strömungsabriss exponentiell grösser gewesen. Rettungsmanöver finden sich in allen fliegerischen Lehrbüchern. Der Pilot muss die Drehbewegung stoppen und dann die Nase des Flugzeugs langsam nach oben ziehen, bis die Flügel wieder Strömung fassen. Das kostet aber viel Flughöhe, was der tieffliegenden DC-3 fehlte. Die erste Meldung über den Absturz stammt von einem Militärpiloten, der sich auf seiner Venom ebenfalls auf einem Übungsflug befindet. Dann geschieht vorläufig nichts. Als um 12.30 ein Reporter der Tageszeitung «Die Tat» am Unglücksort eintrifft, findet er dort eine grosse Öllache und schwimmende Trümmerteile sowie fünf deutsche Fischerboote vor, aber keine Polizei. Die Fischer zeigen dem Journalisten ein Notizbuch, das sie aus dem Wasser gefischt haben. «Wir blätterten darin, und tatsächlich, sogleich merkten wir aus den Eintragungen, dass es sich um ein Notizheft eines der verunglückten Flugschüler handeln muss.» Nach ungefähr einer Stunde habe sich in hohem Tempo eine Jacht der deutschen Wasserschutzpolizei der Absturzstelle genähert. Diese sei aufgrund einer Falschmeldung zuerst in die Bregenzer Bucht gefahren. Noch später dran sind die Schweizer: Eine Bergungsequipe trifft erst nach 20 Uhr in Arbon ein. Bereits vier Tage später fand in Arbon eine grosse Trauerfeier statt, an der auch Bundesrat Giuseppe Lepori teilnahm. «Vor dem Musikpavillon, den die Schweizer Fahnen zierten, hatten behutsame Hände anstelle der Särge wundervolle Kränze zu Ehren der Toten, die dem See noch nicht haben entrissen werden können, aufgestellt», hiess es in der Lokalzeitung.
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