Bernsteins Musical-Oper «Trouble in Tahiti» - Ein Stück über die Sehnsucht nach mehr

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Bernsteins Musical-Oper «Trouble in Tahiti» - Ein Stück über die Sehnsucht nach mehr
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Das Luzerner Theater inszeniert Leonard Bernsteins Musical-Oper «Trouble in Tahiti» und beleuchtet die Sehnsucht nach mehr in den 1960er-Jahren. Trotz des historischen Settings bleibt die Aktualität des Themas erhalten.

Das Luzerner Theater inszeniert Leonard Bernstein s Musical-Oper «Trouble in Tahiti». Die Geschichte spielt zwar in den 1960er-Jahren, aber die Aktualität bleibt erhalten. Leonard Bernstein ermöglichte ein prägendes Tonerlebnis meiner Jugend. Pater Roman Bannwart, Musiklehrer am Gymnasium Einsiedeln, zeigte uns einen Dokumentarfilm, in dem Bernstein «West Side Story» dirigierte. Zum ersten Mal, fünf Jahre vor seinem Tod.

Bernstein lachte, weinte, lebte und litt mit seinen Tönen, und veränderte meine Wahrnehmung für Musik. Bernsteins Musik ist bis heute Musik zum Träumen und Eintauchen. Auch bei der Premiere des Luzerner Theaters in der Box. «Trouble in Tahiti» ist ein fröhlicher, oft süffiger Mix aus Klassik, Musical und dem Swing der 40er Jahre. Denn eigentlich ist Leonard Bernstein 1951 in Feierlaune. Frisch verheiratet und auf Flitterwochen in Mexiko. Wenn da die Energie nicht sprudelt? Er setzt sich hin und schreibt seine erste Oper als komplettes Ein-Mann-Projekt. Das Libretto, die Musik, die Uraufführung 1952 – nichts gibt er bei diesem Stück aus der Hand. Doch die Idylle täuscht, das Stück geht tiefer. Die zerklüftete Beziehung zwischen Sam und Dinah dient als Projektionsfläche für Gesellschaftskritik und nimmt Leonard Bernsteins eigene Zerrissenheit vorweg. Zwar hat er mit seiner Ehefrau Felicia drei Kinder und die Ehe hält 25 Jahre. Aber schon kurz nach der Hochzeit wird ihr klar, dass Leonard homosexuell ist. Wenigstens ist die Ehe «gleichberechtigt». Beide haben sie über die Jahre zahlreiche Affären. Das Luzerner Sinfonieorchester unter US-Dirigent Paul-Boris Kertsman inszeniert mit Witz und Schmelz Klänge zwischen Easy-Jazz und Zwölftonskalen. Die Lust, mal «was anderes» zu spielen, ist spürbar. So etwa bei Soloklarinettistin Regula Schneider, die ihre Jazz-Erfahrung in raffinierte Licks einbringt. Die Musikerinnen und Musiker allein sind schon das Theater wert. Nur die vorangestellte Suite «Viel Lärm um nichts» von Erich Wolfgang Korngold braucht noch etwas Feintuning. Bariton Vladyslav Tlushch singt grossartig die Rolle des selbstverliebten, darwinistischen Ehemannes. Markant in der Stimme und mit der ihm eigenen Bühnenpräsenz. Die Mezzosopranistin Solenn’ Lavanant Linke gibt hier, als die Sensiblere der beiden, das Gegengewicht. Mit Wärme und Nuancen singt sie von glücklicheren Tagen und Träumen. Die Inszenierung von Christine Cyris spielt geschickt mit der Grundidee des Stücks. Die Versuchung wäre gross gewesen, die Handlung (plakativ?) in unsere Zeit zu verlegen. Die damals schlichten, ja fast romantischen Traumvorstellungen – eine Ehe, ein Kind, ein Haus, etwas Fitnessstudio – zu transferieren in den heutigen Konsumbombast. Aber das Setting spielt ganz in jenen 1960er-Jahren, wo Selbstoptimierung noch fast ein Fremdwort war. Und Shoppen weit davon entfernt, ein Hobby zu werden. Sie ist ganz in Gelb, er in Lachs gekleidet. Die Sonne ist die immer scheinende Scheibe im Hintergrund. Die Bühne und die Kostüme von Judith Philipp spielen mit den Pastelltönen jener Epoche. In den Frisuren weht noch der Wind der Trockenhauben des Friseursalons. Es ist ein schlichtes, aber anregungsstarkes Setting. Ein Genuss ist das singende «Jazz Trio». Mit eingebranntem Dauergrinsen beschwören und betanzen sie die Kaufkraft des Mittelstandes. Dennoch, der Kern der Unzufriedenheit ist schon lange angelegt. Man will mehr und man will besser. Die Kühle der Ausstattung – aller Farben zum Trotz – lässt ahnen, dass die Revolte nicht weit ist. Gegen Schluss reisst sich die frustrierte Ehefrau die blonde Perücke vom Kopf und tritt die Wände ein. Ein Käfig des Spiessbürgertums, der wenige Jahre später auch im Grossen mit viel Lärm zerschlagen wird. Doch da schreiben bereits die Rolling Stones die Musik dazu. «(I Can’t Get No) Satisfaction» wird zum Symbol. Die Haare wachsen länger. Jugendliche zerlegen 1967 das Hallenstadion. Die Opernhauskrawalle und Plakate in Zürich fordern eine Abkehr von «Feierabend, Fernseher, Filzpantoffel, Flaschenbier». Der Schluss ist hoffnungsfroh: Um wieder einmal gemeinsam Zeit zu verbringen, geht das Ehepaar ins Kino, «etwas mit Tahiti». Und entscheiden sich erneut für die gekaufte Romantik, anstatt auf die persönliche Magie zu setzen

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