Trotz sinkender Leitzinsen durch die Zentralbanken steigen die Zinsen auf Staatsanleihen und Hypotheken an. Manche Ökonomen sehen darin einen Ausdruck des globalen Misstrauens gegenüber Trumps Wirtschaftspolitik.
Die Situation ist paradox. Die Zentralbanken senken ihre Leitzinsen, aber die Zinsen auf Hypotheken und Staatsanleihen steigen dennoch. Die Folgen.Donald Trump hat noch nicht einmal sein Amt angetreten – und scheint schon auf eine Konfrontation mit den Finanzmärkte n zuzusteuern. Banken und Experten rätseln jedenfalls über sehr grosse Zinsanstiege in den USA und Grossbritannien, in der Schweiz oder in Deutschland.
Verlangen die Märkte weltweit einen Sicherheitszuschlag, weil Trumps Politik so verrückt ist?Gerätselt wird über die Erklärung für die steigenden Zinsen. Dass es den Trend gibt, lässt sich nicht bestreiten. Dafür sind die Zinsen seit Dezember zu deutlich in die Höhe gegangen. In den USA verlangen die Investoren für 10-jährige Staatsanleihen heute einen halben Prozentpunkt mehr, die Rendite liegt mit neu 4,7 Prozent wieder nahe an der Marke von 5 Prozent. In Deutschland wollen sie einen halben Prozentpunkt mehr und nun 2,5 Prozent, in Grossbritannien gar schon 4,8 Prozent. In der Schweiz wollten sie im Dezember weniger als 0,2 Prozent, jetzt wieder deutlich über 0,4 Prozent – also das Doppelte. Bei den Hypotheken gab es ebenfalls schon eine Trendwende. Die Zinsen auf mehrjährige Hypotheken haben wieder leicht zugelegt. Von einem «globalen Ausverkauf» der Staatsanleihen schreibt deshalb der Finanznachrichtendienst Bloomberg. Zu den tiefen Renditen von Anfang Dezember wollen die Investoren ihre Anleihen anscheinend nicht mehr haben und verkaufen lieber. Die neuen Investoren wollen nur zu tieferen Preisen und höheren Renditen kaufen. Warum der Ausverkauf? Was ist heute anders als noch im Dezember? An den Zentralbanken kann es eigentlich nicht gelegen haben. Denn die wichtigsten von ihnen haben ihre Leitzinsen allesamt gesenkt. Die US-Notenbank Fed um einen Viertelprozentpunkt, die Europäische Zentralbank um einen Viertelprozentpunkt, die Schweizerische Nationalbank gar um einen halben Prozentpunkt.Damit geben die Zentralbanken eigentlich allesamt das gleiche Signal: Es gibt im kommenden Jahr nicht mehr Rendite auf Anleihen, sondern weniger. Die Zinsen sinken. Und normalerweise hören die Investoren auf diese Signale und verlangen auch dann weniger, wenn sie ihr Geld für mehrere Jahre an den Staat ausleihen. So war das in den USA immer seit 1989, wie Thorsten Slok aufzeigt, Chefökonom beim Finanzunternehmen Apollo. Wann immer die Fed die Leitzinsen senkte, folgten ihr die Investoren schön brav. Nicht dieses Mal. Chefökonom Slok nennt es in einem Bericht «sehr ungewöhnlich». Was ist heute anders als früher? Trump? Die Fed und ihr Chef Jerome Powell haben jedenfalls verschiedentlich angedeutet, dass es einen Trump-Faktor gibt, es deshalb länger dauern könnte, bis die Inflation bei den gewünschten 2 Prozent ankommt und sie deshalb ihre Leitzinsen langsamer senken, als sie es sonst getan hätten. Konkret sprachen sie laut dem veröffentlichten Protokoll ihres Dezember-Entscheids zu Trumps Handels- und Einwanderungspolitik gebe es eine «erhöhte Unsicherheit».: Die Zinsanstiege würden womöglich den «schrecklichen, schleichenden Verdacht» widerspiegeln, dass Donald Trump die «verrückten Dinge», die er über die Wirtschaftspolitik sage, tatsächlich glaube und auch auf deren Grundlage handeln werde. Demnach würden die Investoren dafür tatsächlich einen Zuschlag verlangen, einen «Verrücktheitszuschlag»., Trump werde doch nicht gegen alles und jeden einen zerstörerischen Handelskrieg führen. Vielmehr werde er Zölle gezielt und strategisch einsetzen. Doch Trump konterte sogleich auf Truth Social, der Bericht sei «Fake News». Für Krugman wirkte es, als ob die Zeitung geschrieben hatte, Trump sei nicht so verrückt, wie es den Schein mache – und als ob Trump wütend protestierte: «Doch, bin ich.»Krugman hatte schon früher gesagt, er sei unsicher, was Trump tatsächlich tun werde. Manchmal denke er, dass dieser zumindest eine vage Vorstellung davon habe, welch grosse Schäden seine Zölle anrichten würden und in Wahrheit ein Erpressungssystem aufbauen wolle: Zollbefreiung gegen politische Spenden oder faktische Bestechungsgelder wie der Kauf von Trump-Kryptogeldern. Dann wieder wirke es so, als ob Trump tatsächlich Wunder erwarte von seinen Zöllen. Etwa, wenn Trump schreibe, Zölle, und nur Zölle, hätten den USA ihren enormen Reichtum beschert und nun würden Zölle auch «Amerika wieder reich machen». Zuletzt, Trump erwäge, einen nationalen Wirtschaftsnotstand auszurufen. So wolle er rechtlich begründen, dass er Zölle gegen Gegner und Verbündete erhebt – also doch mehr oder weniger Zölle gegen alles und jeden. Und wie um den letzten Zweifler zu überzeugen, dass er eine ziemlich verrückte Politik verfolgen wird, hielt Trump diese Woche eine ziemlich verrückte Pressekonferenz ab. Unter anderem schien er zu fordern, Kanada zu annektieren, den USA die Kontrolle über Grönland und den Panamakanal zu überlassen, den Golf von Mexiko umzubenennen in Golf von Amerika. Nicht alle, aber viele von Trumps Verrücktheiten schlagen auf die Zinsen durch. Denn Zölle auf ausländische Waren erhöhen die Preise, welche die Konsumenten in den Läden zahlen. Die Ausschaffung von Einwanderern entzieht vor allem der Landwirtschaft und dem Bau viele Mitarbeitende. So werden weniger Früchte oder Gemüse geerntet oder verarbeitet, weniger Häuser gebaut – was alles ebenfalls die Preise erhöht. Mehr Inflation zwingt die Fed zu höheren Leitzinsen.Die Schweiz wird von Trump mitgerissen All diese Trump'-schen Pläne sind anscheinend besorgniserregend genug, dass sie global einen Ausverkauf von Staatsanleihen und Zinsanstiege ausgelöst haben. Die Ökonomen der Bank J. Safra Sarasin sagen, ihrer Ansicht nach spiegeln die Renditeanstiege in den USA eindeutig wider, dass die Anleihemärkte die zusätzlichen fiskalischen Risiken einpreisen, die Trumps Politikmix mit sich bringen könne. Die Entwicklung in anderen Märkten, einschliesslich des Schweizer Marktes, sei weitgehend eine Folge der Entwicklungen in den USA. Steuert Trump also wirklich auf eine Konfrontation mit den Finanzmärkten zu, mit ihren berüchtigten «Bond Vigilantes»? Solche Wächter-Investoren verkaufen ihre Anleihen, wenn ihnen ein Staat allzu verschwenderisch zu sein scheint, und zwingen so Regierungen zu Kurswechseln oder gar zum Rücktritt.Krugman hofft auf einen solchen Konflikt. Er sei über Trumps Aufstieg entsetzt und sähe seine Bestrafung durch die Märkte gerne, schrieb er in seinem Substack-Newsletter. Aber so weit sei es wohl noch nicht. Es könne noch Jahre dauern, bis die Folgen seiner wirtschaftlichen Wahnvorstellungen offensichtlich seien. «Aber steigende Zinsen auf Anleihen trotz Fed-Zinssenkungen könnten ein Vorzeichen dafür sein, was noch kommen könnte.
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