Schweiz verhandelt neues Vertragspaket mit der EU: Bilaterale III eingeleitet

Politik Nachrichten

Schweiz verhandelt neues Vertragspaket mit der EU: Bilaterale III eingeleitet
SchweizEUBilaterale Verträge
  • 📰 swissinfo_de
  • ⏱ Reading Time:
  • 226 sec. here
  • 14 min. at publisher
  • 📊 Quality Score:
  • News: 125%
  • Publisher: 73%

Die Schweiz hat ein neues Vertragspaket mit der EU verhandelt, das die bilateralen Beziehungen neu definiert. Nach jahrelangen Verhandlungen und einem gescheiterten ersten Anlauf im Jahr 2014 konnte ein Ergebnis erzielt werden, das die Schweizer Interessen berücksichtigt und gleichzeitig die wirtschaftliche Zusammenarbeit sichert. Die Verhandlungsergebnisse werden als «maximal massgeschneidert» bezeichnet, da die Schweiz wichtige Punkte wie die Kontrolle der Zuwanderung und die Wahrung ihrer Souveränität durchsetzen konnte. Die neuen Bilateralen III markieren einen wichtigen Schritt in der Weiterentwicklung der schweizerisch-europäischen Beziehungen.

Die Schweiz hat ein neues Vertragspaket mit der EU verhandelt, das ein neues Kapitel in der langen und komplexen Beziehung zwischen den beiden Akteuren einleitet. Ein Blick auf den aktuellen Stand der bilateralen Verträge zeigt die Entwicklungen und Herausforderungen dieser Beziehung. 1994 wurde das erste Vertragspaket mit der noch jungen EU abgeschlossen, das Abkommen über Personenfreizügigkeit sowie Regeln zu Handelshemmnissen, Landwirtschaft, Verkehr und Forschung enthielt.

Die EU gewährte der Schweiz damals noch einzigartige Zugeständnisse im Hinblick auf einen möglichen späteren Beitritt. Diese Abkommen wurden als Bilaterale Verträge bekannt. Zehn Jahre später, 2004, folgte mit den «Bilateralen II» ein weiteres Vertragspaket, das mit den Abkommen von Schengen und Dublin hauptsächlich den Umgang mit Migration und Asyl harmonisierte. Mit der Zeit traten jedoch neue Bedürfnisse auf, beispielsweise nach einem Abkommen über Strom. Außerdem wurde deutlich, wie statisch die Verträge waren. Die EU-Mitgliedsländer harmonisierten ihre Gesetze immer schneller, und die EU entwickelte ihren Rechtsbestand entsprechend weiter. Die gemischten Ausschüsse, die im Alltag über das Funktionieren der bilateralen Verträge wachen, sahen sich mit zunehmenden Herausforderungen konfrontiert, um die einst geschlossenen Abkommen im neuen rechtlichen Umfeld zu interpretieren. Die beiden Rechtsräume drohten auseinanderzudriften. Nach 2008 wollte die EU das Verhältnis zur Schweiz in ein Rahmenabkommen gießen. Institutionelle Fragen sollten einheitlich geregelt, Rechtsentwicklungen automatisch angepasst werden. Die Verhandlungen dazu starteten 2014 und zogen sich in die Länge. Die Schweiz prallte mit ihren Partikularinteressen ab. Sonderregelungen kamen für Brüssel nicht mehr infrage. Denn ab 2016 verhandelte die EU auch mit Grossbritannien über den Brexit. Zugeständnisse an die Schweiz hätten in dieser Phase den ohnehin schwierigen Prozess mit den Briten erschwert – und auch in den EU-Mitgliedsländern Begehrlichkeiten geweckt. Schon 2022 sondierte die Schweiz wieder nach Möglichkeiten, um die fünf bestehenden Binnenmarktabkommen zu aktualisieren: Personenfreizügigkeit, Luftverkehr, Landverkehr, technische Handelshemmnisse und Landwirtschaft. Zwei weitere Abkommen in den Bereichen Strom und Lebensmittelsicherheit strebte sie ebenfalls an. Zudem wollte sie den Ausschluss aus Horizon beseitigen. Klar war dem Bundesrat dabei stets: Was immer seine Verhandlungsdelegation aus Brüssel zurückbringen würde, es müsste vor dem Volk bestehen können. Referenden drohen in dieser Frage stets von Links und Rechts. Und die staatspolitische Souveränität der Schweiz gilt als eine zentrale Säule der Schweizer Politik. Um im Inland eine ausreichende Akzeptanz zu erhalten, muss ein Abkommen mit der EU aus Schweizer Sicht möglichst viele, vielleicht gar alle der folgenden Kriterien erfüllen: Eine verbindliche Regel, die das hohe Schweizer Lohnniveau vor Dumping schützt. Eine Garantie auf Mitsprache des Volks oder mindestens ein Vetorecht bei Rechtsübernahmen. Keine «fremden Richter», also kein EU-Gericht als letzte Instanz. Und schliesslich die Möglichkeit, die Zuwanderung in die Schweiz eigenständig steuern oder zumindest begrenzen zu können. Was hat die Schweiz bei den Bilateralen nun erreicht? Nach dem gescheiterten ersten Anlauf von 2014 und den folgenden Jahren des Stillstands schien eine Lösung zeitweise kaum mehr möglich. Darum ist bereits das Vorliegen eines Resultats ein Erfolg. Die Schweiz hat erreicht, dass die institutionellen Fragen nun in den einzelnen Abkommen integriert sind. Sie sind nicht global gültig, wie es der Rahmenvertrag vorgesehen hätte. Eine automatische Rechtsübernahme ist damit teilweise vom Tisch. EU-Recht soll von der Schweiz nur «dynamisch» adaptiert werden. Sie darf auch ablehnen. Die Schweiz bewahrt damit wie beabsichtigt Unabhängigkeit. Sie bindet sich politisch nicht näher an die EU als wirtschaftlich gewünscht und notwendig. Medien und Politiker:innen attestieren der Schweizer Delegation, dass sie herausgeholt hat, was in Brüssel möglich war. Das Vertragswerk wird daher auch als «maximal massgeschneidert» () bezeichnet. Dazu trägt auch bei, dass die Schweiz bei der Personenfreizügigkeit die Zuwanderung weitgehend auf arbeitstätige Einwandernde beschränken konnte. Letztlich kann die Schweiz auch ihre Tradition des bilateralen Wegs fortsetzen. Medien und die Politik reden deshalb von den «Bilateralen III». Das Verhandlungsergebnis hat der Bundesrat erst summarisch kommuniziert, die Vertragstexte sind noch nicht veröffentlicht. Die Schweiz hat von der EU einige Zugeständnisse erhalten: Sie darf – auf Bewährung – wieder am Forschungsprogramm Horizon teilnehmen. Sie hat sich auch eine Möglichkeit gesichert, dass sie im Bedarfsfall, bei «schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen», eine Schutzklausel zur Begrenzung der Zuwanderung aktivieren kann. Wie griffig diese ist, bleibt jedoch fraglich

Wir haben diese Nachrichten zusammengefasst, damit Sie sie schnell lesen können. Wenn Sie sich für die Nachrichten interessieren, können Sie den vollständigen Text hier lesen. Weiterlesen:

swissinfo_de /  🏆 9. in CH

Schweiz EU Bilaterale Verträge Bilaterale III Zuwanderung Forschung Horizon Souveränität Verhandlungen

Switzerland Neuesten Nachrichten, Switzerland Schlagzeilen

Similar News:Sie können auch ähnliche Nachrichten wie diese lesen, die wir aus anderen Nachrichtenquellen gesammelt haben.

Schweiz und EU: Neues Vertragspaket steht vor AbschlussSchweiz und EU: Neues Vertragspaket steht vor AbschlussDas neue Vertragspaket der Schweiz mit der EU steht kurz vor dem Abschluss. Der Bundesrat wird am Freitag das Ergebnis der Verhandlungen präsentieren. Die Ostschweizer Politiker im Parlament haben unterschiedliche Meinungen zur neuen Vereinbarung.
Weiterlesen »

Schweiz und EU: Neues Vertragspaket steht kurz vor AbschlussSchweiz und EU: Neues Vertragspaket steht kurz vor AbschlussDas neue Vertragspaket der Schweiz mit der EU steht vor dem Abschluss. Der Bundesrat legt am Freitag wohl das Verhandlungsergebnis vor. Die Ostschweizer Aussenpolitikerinnen und Aussenpolitiker im Parlament haben dazu sehr unterschiedliche Haltungen. Auch die mögliche Aufsplittung des Pakets in mehrere Vorlagen gibt zu reden.
Weiterlesen »

Schweiz und EU: Vertragspaket vor Abschluss – Ostschweizer Politiker diskutierenSchweiz und EU: Vertragspaket vor Abschluss – Ostschweizer Politiker diskutierenDas neue Vertragspaket der Schweiz mit der EU steht vor dem Abschluss. Der Bundesrat legt am Freitag wohl das Verhandlungsergebnis für die Bilateralen Verträge vor. Ostschweizer Politiker im Parlament haben dazu sehr unterschiedliche Haltungen.
Weiterlesen »

Schweiz und EU: Vertragspaket steht vor AbschlussSchweiz und EU: Vertragspaket steht vor AbschlussDas neue Vertragspaket der Schweiz mit der EU steht vor dem Abschluss. Der Bundesrat legt am Freitag das Verhandlungsergebnis für die Bilateralen Verträge vor. Ostschweizer Aussenpolitikerinnen und Aussenpolitiker im Parlament haben dazu sehr unterschiedliche Haltungen. Besonders die mögliche Aufsplittung des Pakets in mehrere Vorlagen gibt zu reden.
Weiterlesen »

Schweiz und EU bringen Vertragspaket zum AbschlussSchweiz und EU bringen Vertragspaket zum AbschlussDer Bundesrat hat den Abschluss der Verhandlungen mit der EU und die Annahme des Verhandlungsergebnisses beschlossen. Gegner einer Einigung mit Brüssel sind bereits bereit zum Kampf gegen den neuen Vertrag.
Weiterlesen »

Schweiz EU Abkommen: Das steht im VertragspaketSchweiz EU Abkommen: Das steht im VertragspaketNach 197 Verhandlungssitzungen liegt nun endlich ein Resultat vor. Alles hier auf einen Blick: Was der Deal mit der EU beinhaltet.
Weiterlesen »



Render Time: 2025-03-16 22:06:57