Erst kürzlich hat Sandra Newman Orwells Klassiker «1984» einer feministischen Revision unterzogen. Jetzt bringt die US-Autorin in ihrem neuen Roman alle Männer zum Verschwinden und hat damit schon vor der Veröffentlichung einen Shitstorm auf sich gezogen.
«Ich dachte, es sei eine bessere Idee, alle Männer auszulöschen. Es wäre wohl noch viel schwerer zu akzeptieren, wenn man das mit irgendeiner anderen Gruppe durchspielen würde»: Sandra Newman.WOZ: Sandra Newman, erinnern Sie sich, wie Sie über die Darstellung der Julia in «1984» dachten, als Sie den Roman von George Orwell zum ersten Mal lasen?Nein, an meine erste Lektüre erinnere ich mich nicht wirklich.
Orwell erzählt ja weitgehend realistisch, aber an gewissen Stellen bricht er mit dem Realismus, manchmal einfach nur deshalb, weil es ihm als Autor gelegen kommt – vor allem dort, wo es um Julia geht. Er schafft es dann gerade noch, die Dinge so hinzubiegen, wie es ihm passt. Aber das funktioniert nur im Rahmen der konkreten Geschichte, die er erzählen will.
Nein, eigentlich nicht. Ich konnte mir eine Welt, in der die Menschen keinerlei Drogen nehmen, schlicht nicht vorstellen. Ganz egal, in welcher Epoche eine Geschichte angesiedelt ist: Ich finde es schwer vorstellbar, dass sich das nicht doch irgendwo einschleicht. Ein Stück weit scheint mir das nachvollziehbar. Wenn man sich von jemandem unterdrückt fühlt, sei das nun in der eigenen Familie oder im eigenen Freundeskreis, und man diese Gefühle zu Orwells Buch in Verbindung setzt: In gewissem Sinn ist das eine zulässige Form der Übertreibung, würde ich sagen.
Ja, mein Buch ist in gewisser Weise mein Kommentar zu diesen feministischen Utopien von damals. Ich fühle mich dieser Literatur sehr verbunden, einige dieser Bücher habe ich gelesen, als ich sehr jung war, sie haben mir damals viel bedeutet. Sich als junge Frau eine solche Welt vorstellen zu können, das war psychologisch ungemein wichtig.
Irgendwie schon, aber in der Intensität hatte ich das nicht erwartet. Der Shitstorm beruhte auf Annahmen von Leuten, die das Buch noch gar nicht gelesen hatten. Die kannten nur die Prämisse und warfen mir vor, dass der Roman transphob sei. Nachdem das Buch erschienen war, lösten sich diese Vorwürfe dann aber schnell in Luft auf.
Was wie ein dystopischer Thesenroman anfängt, schlägt dann laufend Haken in ganz andere Richtungen. Im Zentrum stehen die Lebensgeschichten zweier Outcasts, die beide in ihrer Jugend männlicher Gewalt ausgesetzt waren: Die eine war das Werkzeug bei einer perfiden Form von sexuellem Missbrauch, die andere hat einst in Notwehr zwei Polizisten erschossen – und steigt jetzt als afroamerikanische Galionsfigur der neuen Partei zur Hoffnungsträgerin auf.
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