Die Wahl der Afrokolumbianerin Francia Márquez zur Vizepräsidentin ihres Landes war eine Sensation. Ein Jahr danach ist sie ernüchtert vom Amt und besorgt über die kriminelle Gewalt. Eine Begegnung.
Francia Márquez steht im Hof ihres Palasts in Bogotá und weiss nicht recht, wohin mit ihren Händen, während ein Soldat in Paradeuniform neben ihr eine kolumbianische Fahne drapiert. Vor Márquez geht ein Fotograf in Stellung, hinter ihr erheben sich die Andengipfel, die Kolumbiens Hauptstadt im Osten begrenzen.
Aber sie begann auch, sich politisch zu engagieren. Bereits als Dreizehnjährige setzte sich Márquez gegen ein Staudammprojekt ein, kämpfte später gegen illegale Goldsucher und die Umweltzerstörung ihrer Heimat durch multinationale Minenkonzerne. Ihr Einsatz rief mächtige Gegner:innen auf den Plan. 2014 wurde sie von Paramilitärs vertrieben – was ihren Durchhaltewillen eher noch zu stärken schien.
Seit Juli gehört zu Márquez’ Aufgaben auch die Leitung des neu gegründeten Ministeriums für Gleichberechtigung und Gleichstellung. Man sei auf der Suche nach einem Amtssitz, sagt sie. Doch statt Tatendrang vermittelt Márquez Niedergeschlagenheit. Sie sitzt zusammengesunken in ihrem Sessel, spricht leise, blickt oft auf den Boden. Aber sie antwortet auch offen und ausführlich auf jede Frage, redet nicht darüber hinweg, dass es Probleme gibt.
Beobachter:innen machen für die Enttäuschung den Präsidenten Gustavo Petro verantwortlich. Dieser ist berüchtigt dafür, Termine in letzter Minute platzen oder seine Gesprächspartner:innen stundenlang warten zu lassen. Er scheint mehr Zeit auf dem Kurznachrichtendienst X zu verbringen, als sich mit der Lösung der Probleme Kolumbiens zu beschäftigen. Mehrfach täglich retweetet er derzeit Bilder aus Gaza.
Bislang bleibt das eine Hoffnung. Erst vor wenigen Tagen verliess der Estado Mayor Central, eine Dissidentengruppe der Farc, den Verhandlungstisch und warf der Regierung vor, weiterhin eine militärische Lösung zu verfolgen. Andernorts sind ehemalige paramilitärische Gruppen wiedererstarkt, etwa der Golf-Clan, Kolumbiens grösste kriminelle Organisation. Wie mit ihr ein Dialog möglich sein soll, bleibt ein Rätsel.
Für einen Teil des schlechten Images der Regierung macht sie auch die Medien verantwortlich, wirft ihnen «Boshaftigkeit» vor. «Sie tun so, als ob die Kolumbianer sich für uns schämen müssten.» Tatsächlich schlachten einige Medien jedes Missgeschick von Márquez aus, bezeichnen sie als unkontrolliert und unprofessionell. «Wenn du als Frau laut redest, bist du aggressiv.
Switzerland Neuesten Nachrichten, Switzerland Schlagzeilen
Similar News:Sie können auch ähnliche Nachrichten wie diese lesen, die wir aus anderen Nachrichtenquellen gesammelt haben.
Reparieren statt ersetzen: Neue EU-Regeln für nachhaltiges Verbraucherverhalten (Video)Straßburg (ots) - Das Video zum Thema finden Sie im Newsroom des Europäischen Parlaments unter https://www.presseportal.de/nr/106967 - Mehrheit der EU-Bevölkerung bevorzugt...
Weiterlesen »
Zwischen Kita und Kindergarten: Brauchen Spielgruppen strengere Regeln?Obwohl sie Kinder betreuen, müssen sich Spielgruppenleitende an keine Vorgaben halten. Nun berät der Grosse Rat über eine Bewilligungspflicht.
Weiterlesen »
«Ich hätte viel Spass daran...»Der CEO von Sportradar über den Markt, der immer recht hat, und Fussballtrainer, die er coachen könnte.
Weiterlesen »
Der selbstgerechte Weltpolizist: Mit der globalen Mindeststeuer geben die USA wieder einmal Regeln vor, an die sie sich selbst nicht haltenLesenswerte Analyse….Agiert die Supermacht selbstgerecht? Mit der globalen Mindeststeuer geben die USA wieder einmal Regeln vor, an die sie sich selbst nicht halten mindessteuer usa NZZaS NZZ
Weiterlesen »
Hamas-Verbot: Der Bundesrat lässt sich ZeitDer Bundesrat vertritt seit dem 11. Oktober – vier Tage nach den grausamen Terrorangriffen, die von der Hamas aus dem Gazastreifen gegen Zivilistinnen und Zivilisten in Israel verübt wurden – die Ansicht, dass die Hamas als terroristische Organisation eingestuft werden sollte. Er hatte dem Aussenministerium EDA daher den Auftrag gegeben, die rechtlichen Optionen für ein Verbot der Organisation zu prüfen. Alle Bundesratsparteien sind dafür. Trotzdem lässt sich der Bundesrat Zeit mit dem Hamas-Verbot. Den Plan für ein beschleunigtes Verfahren hat er fallen gelassen. Nun soll die normale, gemächliche Prozedur reichen – heisst: Bis zu einem Hamas-Verbot dauert es mindestens ein Jahr. Hintergrund sind grundsätzliche Bedenken im Bundesratszimmer.
Weiterlesen »