Dieter Ammann: Die Bratsche als Sprachrohr des Allzumenschlichen

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Dieter Ammann: Die Bratsche als Sprachrohr des Allzumenschlichen
Dieter AmmannViolakonzertSinfonieorchester Basel
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Mit einem hochemotionalen Konzertprogramm im Stadtcasino Basel präsentiert das Sinfonieorchester Basel die Uraufführung des Violakonzerts von Dieter Ammann.

Von A wie atemlos bis Z wie zärtlich: Dieter Ammann nutzt die Bratsche als Sprachrohr des Allzumenschlichen Mit kühlem Kopf zur Innigkeit: Der Dirigent Fabien Gabel gestaltet mit dem Sinfonieorchester Basel einen hochemotionalen Abend. Auf dem Programm steht eine Uraufführung des Aargauer Komponisten Dieter Ammann . Soll dem Konzertpublikum etwas Anspruchsvolles vorgesetzt werden, so ist dieses Stück im Programm meist an derselben Stelle zu finden: nämlich in einem sinfonischen Sandwich.

Das betreffende Werk wird so beidseitig mit Weissmehlartigem und garantiert Antiallergenem umfasst, sodass die Besuchenden nach Konzertende bereits vergessen haben, dass dazwischen noch etwas Unvorhergesehenes passiert ist. Diese Bedenken waren zumindest am Mittwochabend im Stadtcasino Basel gänzlich unbegründet: Nicht nur zählt das neue Violakonzert des Aargauer Komponisten Dieter Ammann (*1962) mitunter zum Spannendsten, was die Schweizer Gegenwartsmusik in den letzten Jahren hervorgebracht hat – es erwies sich auch als ideale Ergänzung zum romantischen Repertoire von Camille Saint-Saëns und Claude Debussy. Mit Fabien Gabel am Pult begegnen wir einem griffigen «Prélude à l’après-midi d’un faune» von Debussy, dessen Pinsel weniger sachte tupft als satt aquarelliert. Hier laufen die Motive ungehindert ineinander über, der fliessende Klang des Sinfonieorchester Basel legt sich wie ein Wasserfilm über die Partitur. «Ohne Schablone» will auch Dieter Ammann auskommen, der sein Konzert für Viola und Orchester «No templates» just nach diesem Ansinnen benennt. Und tatsächlich entzieht sich diese Auftragskomposition vielen Zuschreibungen, die man von der Zeitgenössischen Musik kennt. Zwar bewegt sie durchaus an der Grenze der Komplexität, ist überwiegend atonal und von Taktwechseln durchzogen. Aber sie ist auch hochemotional - und ungemein einnehmend. Dem Zufall wird diese Wirkung jedoch nicht überlassen. Denn Ammann wird nicht nur als bedeutendster Schweizer Komponist gehandelt, sondern auch als langsamster: Ganze vier Jahre arbeitete er mit Unterbrüchen an dem 20-minütigen Werk, händisch mit «Partiturbogen, Bleistift und Geodreieck». Immer der Nase nach, als handle es sich um eine spontane Improvisation. Flageoletttöne werden zu jammernden Glissandi, dazu hämmernde Staccatos wie Donnerschläge. Eine Flöte flirrt in Reminiszenz an Debussy über gedämpften Akkorden. Am meisten überrascht jedoch, wie sehr es «menschelet», in dieser Neuen Musik. Ammann nutzt die Bratsche als Sprachrohr und zieht dabei alle Register: von A wie atemlos bis Z wie zärtlich. Einen Abstrich gibt es lediglich in punkto Balance zu machen, wenn die Bratsche bisweilen im Gesamtklang untergeht. Bald entwickelt sich ein perkussiv motiviertes Wortgefecht zwischen Orchester und Soloinstrument, das sich in Tempo und Intensität steigert, bis man meint, die Töne müssten nunmehr versiegen. Sowieso die Bratsche: Sie stöhnt, sägt und schnurrt, bis sie in eine schier endlose Kadenz mündet. Eine dankbare Aufgabe für einen begnadeten Spieler wie Nils Mönkemeyer, der nicht nur technisch brilliert, sondern auch jede Note mit Bedeutungsinhalt füllt. Was an Klangmalerei bei Ammann nur angedeutet wurde, darf nach der Pause ausgespielt werden. Und die zerbrechliche Viola wirkt nach: Geradezu überwältigend klingt das orchestrale Forte nun, jede Melodie, die in ihrem Grundton mündet, wirkt wie ein inniges Seufzen. Es kommt der Dramaturgie zugute, dass der 1835 geborene Camille Saint-Saëns eher zu den Bewahrern als Umstürzlern gehört. Wozu das Rad neu erfinden, wenn es doch schon so gut rollt? Nichtsdestotrotz weist seine 3. Sinfonie in c-moll einige Eigenarten auf. Zum Beispiel, dass die Partitur einen Job für einen uneitlen Organisten vorsieht, der fast durchgängig «sans nuance» spielen soll. Auch Fabien Gabel behält am Dirigierpult einen kühlen Kopf und trifft exakt den Tonfall, der eben nüchtern genug ist, um ehrlich innig zu sein. Dass der Kitsch sogar fernbleibt, als die Orgel im 4. Satz endlich auftrumpfen darf, grenzt an ein Wunder. Stattdessen übernimmt die pure Spiellust, als das Tutti auf das Finale zurollt. Man könnte schreien vor Glück! Ganz nüchtern betrachtet, natürlich

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