Neun Monate vor der Heim-EM steckt Deutschland tief in der Krise. Dass Hansi Flick nach dem 1:4-Debakel am Samstag in Wolfsburg eine Zukunft als Bundestrainer hat, ist fraglich.
Der strahlende Sonnenschein und die glücklichen Kinder passten ganz und gar nicht zur Stimmung rund um die Nationalmannschaft. Der sich hilflos an seinen Job klammernde Flick und seine wieder von Japan gedemütigten Nationalspieler schrieben am Tag nach der 1:4-Blamage in Wolfsburg tapfer Autogramme. Sie machten beim lange geplanten öffentlichen Training für die Handykameras gute Miene zum erschreckend schlechten Spiel.
«Ich finde, wir machen es gut, und ich bin der richtige Trainer.» Das war der Satz des 58-Jährigen, der bleiben wird von diesem Wochenende in Wolfsburg, an dem die tiefgreifenden Probleme, die Risse und der desolate Zustand der DFB-Auswahl deutlich wurden wie beim desaströsen Vorrunden-Aus bei der WM vor neun Monaten in Katar. Damals hatte der Verband an Flick festgehalten, verbessert hat sich seitdem nichts – im Gegenteil.
Und so wirkte das Trainingsgeschehen in dem kleinen Stadion in den grün-weissen Wolfsburger Farben surreal. Das Trainerteam spulte das Programm für die Reservisten ab wie an jedem anderen Tag. Die Stammspieler um Goalie Marc-André ter Stegen, der trotz vier Gegentoren noch Deutschlands Bester gewesen war, zeigten sich den gut 2000 Fans und zogen sich dann ins nahegelegene Teamhotel zurück. Die Nationalmannschaft bereitete sich auf Frankreich vor.
Schon seit einiger Zeit werden mögliche Nachfolger gehandelt: der frühere Bayern-Trainer Julian Nagelsmann, Liverpools Coach Jürgen Klopp oder der in Österreich erfolgreiche Ralf Rangnick. Alle scheinen derzeit aber entweder schwer finanzierbar oder nicht von einem Wechsel zu überzeugen. Bleiben noch der türkische Nationalcoach Stefan Kuntz, der Österreicher Oliver Glasner oder Matthias Sammer. Auch der Name Louis van Gaal ist gefallen.
Das grosse Schweigen der Verbandsverantwortlichen deutet darauf hin, dass ein Plan B trotz der alarmierenden Ergebnisse im Juni mit einem Remis und zwei Niederlagen nicht bereitliegt. Die nach dem WM-Aus eilig installierte Task Force mit den Grössen Sammer, Rudi Völler, Karl-Heinz Rummenigge, DFB-Chef Bernd Neuendorf und Ligaboss Hans-Joachim Watzke wäre dafür zuständig. Das 1:4 gegen Japan war noch einmal ein alarmierendes Zeichen in ihre Richtung.
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